Krieg kehrt in den Irak zurück

Sunniten und Schiiten liefern sich heftige Kämpfe mit der Besatzungsmacht. US-Kampfflugzeuge bombardieren Moschee in Falludscha. Dutzende Tote und Verletzte. US-Armee jagt Mahdi-Miliz

BAGDAD dpa/afp/taz ■ Ein Jahr nach dem Sturz Saddam Husseins und dem Schleifen seiner Statue in der Hauptstadt sind die Kämpfe zwischen aufständischen Irakern und der US-Besatzungsmacht eskaliert. An mehreren Fronten tobten gestern heftige Gefechte. Die US-Armee bombardierte ein Moscheegelände in der sunnitischen Hochburg Falludscha. Dabei wurden nach Augenzeugenberichten mehr als 40 Menschen getötet. Am Vorabend waren in der nahe Falludscha gelegenen Stadt Ramadi bei heftigen Gefechten 12 US-Soldaten und mindestens 48 Iraker getötet worden. Nach inoffiziellen Schätzungen könnten in Ramadi sogar bis zu 250 Menschen getötet worden sein. Das US-Kommando in Bagdad kündigte zudem an, es wolle die „Mahdi-Miliz“ des gesuchten Schiitenführers Muktada al-Sadr vernichten. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schloss eine Verstärkung der US-Truppen im Lande nicht länger aus.

In Falludscha ging die US-Armee gestern mit mehr als 2.000 Marines massiv gegen Aufständische vor. Gegen Mittag wurde die zuvor stundenlang umkämpfte Moschee mit 40 darin verschanzten Rebellen von einem Kampfjet bombardiert. Ein US-Armeesprecher hatte den Aufständischen vorgeworfen, Moscheen als Waffenlager zu missbrauchen. Die Moscheen der Stadt riefen zum „Dschihad“ gegen die Besatzungstruppen auf. Unter den irakischen Opfern der am Dienstagabend einsetzenden Gefechte waren nach Krankenhausangaben vor allem Frauen und Kinder, darunter eine 25-köpfige Großfamilie.

Die Aufständischen in Falludscha verkündeten in einer Erklärung, sie hätten weiter die Kontrolle über die Stadt und hätten drei US-Hubschrauber abgeschossen. Die US-Soldaten setzten die Suche nach den Mördern von vier US-Zivilisten fort, deren Leichen in der vergangenen Woche in Falludscha von einem wütenden Mob geschändet worden waren.

In der den Schiiten heiligen Stadt Kerbela und im Schiitenviertel Sadr City in Bagdad kamen in der Nacht zu Mittwoch bei der Suche nach Anhängern der Mahdi-Miliz mehrere Menschen ums Leben. US-Armeesprecher Mark Kimmitt sagte in Bagdad: „Wir werden angreifen, um die Mahdi-Armee zu zerstören.“ Milizenführer Moktada al-Sadr rief seinerseits Kuwait auf, alle in diesem Land stationierten Streitkräfte auszuweisen. Es gebe keinen Grund mehr für deren Präsenz. In der Stadt Kut rund 180 Kilometer südlich von Bagdad, die gestern nach 24-stündigen Gefechten von ukrainischen Soldaten aufgegeben wurde, übernahm die Mahdi-Miliz die Kontrolle.

US-Verteidigungsminister Rumsfeld erklärte gestern nach einem Telefonat mit Präsident Bush und Sicherheitsberaterin Rice, dass die Entscheidung über eine Verstärkung der US-Truppen im Irak bei der Militärführung liege. Sollte diese mehr Soldaten anfordern, bekäme sie sie.

Der gefangene Exdiktator Saddam Hussein ist nach einem Bericht der britischen Zeitung Independent per Hubschrauber nach Katar auf eine US-Militärbasis gebracht worden, die angesichts der Unruhen als sicher gelte. GB