Staatskanzlei ganz gesetzestreu

Im Streit um Mobbing bei der landeseigenen ‚NRW Medien GmbH‘ stellt sich Staatssekretärin Meckel vor ihren umstrittenen Liquidator Prigge. Betriebsrat sieht Mitarbeiter „hingehalten und beschädigt“

AUS DÜSSELDORF ANDREAS WYPUTTA

Nordrhein-Westfalens Staatssekretärin für Europa, Internationales und Medien, Miriam Meckel, hat Vorwürfe zurückgewiesen, sie verstoße bei der Abwicklung der ihr unterstellten ‚NRW Medien GmbH‘ gegen das Betriebsverfassungsgesetz. „Ich kenne diese Vorwürfe nur aus der Presse und werde dazu Stellung nehmen, wenn sie mir offiziell zur Kenntnis gelangen“, gibt sich die Publizistik-Professorin zugeknöpft. Doch die Vorwürfe des Betriebsrates, ausgerechnet die sozialdemokratisch geführte Landesregierung lasse über den von Meckel bestellten Liquidator Thorsten Prigge gezielt Mitarbeiter aus dem abzuwickelnden Unternehmen mobben, um sie nicht weiterbeschäftigen zu müssen, nagen am Selbstverständnis der Regierungszentrale – Stellung nehmen will Meckel dann doch. „Wir halten uns an das Betriebsverfassungsgesetz“, lautet die Verteidigungslinie der Staatssekretärin.

Doch genau das bezweifeln die Arbeitnehmervertreter der ‚NRW Medien‘: Johannes Mocken, Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, bestätigt den Eingang einer Strafanzeige nach Paragraph 119 des Betriebsverfassungsgesetzes. „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer (...) ein Mitglied des Betriebsrates benachteiligt“, heißt es da. Konkret soll Rechtsanwalt Prigge Arbeitnehmervertreter mit dem Entzug von Projekten gezielt abgestraft haben. Mangelnde Kooperation werde zu massiven Konsequenzen für die weitere berufliche Karriere in ganz Nordrhein-Westfalen führen, soll Prigge sogar gedroht haben.

Für Meckel eine Bagatelle: „Es ist nicht außergewöhnlich, dass Aufgaben in einer in Liquidation befindlichen Gesellschaft neu geordnet werden“, weiß die Karrierefrau, die einmal jüngste Lehrstuhlinhaberin Deutschlands war – und droht den Arbeitnehmern indirekt: „Es gibt ein schwebendes Einigungsstellenverfahren, dessen Ergebnis wir abwarten. Ich hoffe allerdings für alle Beteiligten, dass sich dieser Prozess nicht noch unendlich in die Länge zieht.“

Der Grund der Eile: Die einstige Hoffnungsträgerin der Regierung Clement steht unter Druck. Vom jetzigen SPD-Bundeswirtschaftsminister als Verkörperung seiner Vision vom Medienland NRW nach Düsseldorf geholt, wurde sie vom jetzigen SPD-Regierungschef Peer Steinbrück kaltgestellt: Der Blick aus dem elften Stock der Staatskanzlei auf den Düsseldorfer Medienhafen, für Clement Sinnbild seiner Vision des Strukturwandels – weg von den alten Industrien, hin zu innovativen Dienstleistungen – sei „nur eine Tapete, die wir von außen um dieses Gebäude gehängt haben“, so der Ministerpräsident hintersinnig vor der versammelten Landespressekonferenz.

Für Meckel wird es damit eng: Beobachter gehen nicht davon aus, dass Steinbrück die Münsteranerin im Fall seiner Wiederwahl wieder ins Kabinett holt. Ein Rauswurf in der derzeitigen Krise gilt dagegen als zu riskant – schon jetzt klagen Medienexperten der Opposition wie der CDU-Landtagsabgeordnete Lothar Hegemann, die Staatssekretärin sei eine Fehlbesetzung: „Meckel kriegt nichts hin.“ Die zügige Abwicklung der erst 2001 gegründeten ‚Medien NRW‘, begründet mit „finanziellen Unregelmäßigkeiten“, ist da umso wichtiger.

Mit allen Mitteln durchgedrückt werden sollte die Liquidation offenbar von Anfang an – Staatssekretärin Meckel habe ihre schleichende Entmachtung durch ‚NRW Medien‘-Chef Helmut G. Bauer gefürchtet und die Arbeit der Gesellschaft deshalb diskreditiert, ist sogar aus der Staatskanzlei zu hören. Für den Machtkampf zahlen müssten nun die hochqualifizierten Mitarbeiter, sagt die Betriebsratsvorsitzende der ‚Medien GmbH‘, Ina Rumpf, ehemals Chefredakteurin von Radio Köln: „Es scheint so, als wolle der Liquidator durch die Form des Umgangs zur Kündigung zwingen.“