Warum muss 2010 ausgerechnet …
: Bremen Kulturhauptstadt sein?

Bremen ist keine Metropole. Dazu fehlen der Stadt unter anderem das Chaos, der Lärm, die Getriebenheit, die Unübersichtlichkeit. Aber Bremen ist auch kein Dorf, nicht einmal – was viele behaupten – ein Gefüge von Dörfern, die heute als Stadtquartiere durchgehen. Dafür ist Bremen zu welthaltig, zu vielfältig, zu groß, zu quirlig.

Was aber ist Bremen wirklich? Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Und Bremen ist Bremen ist Bremen.

Vielleicht lohnt sich vor dem Hintergrund solcher Ungreifbarkeit der Versuch, Bremen als differenziertes Modell einer kompletten Stadt zu beschreiben. Als Modell einer Gemeinde und eines Gemeinwesens, das die richtige, die passende Größe hat, um einsehbar zu bleiben. Was hier geschieht, lässt sich in aller Regel öffentlich beobachten und nachvollziehen. Bremen ist ein Schauplatz im theatralischen Sinne, der mit erstaunlich wenig Kulissen auskommt. Deshalb findet selbst das, was hinter den Kulissen gespielt wird, vergleichsweise rasch zurück in die Sichtbarkeit.

Das Bremer Publikum wiederum ist kein klassisches Publikum. Es spielt mit, weil es den Schauplatz von vornherein in Besitz genommen hat. Das bedeutet, dass die Zahl der tätig und engagiert Mitwirkenden im Modell Bremen grundsätzlich hoch ist, dass sie je nach Bedarf rasch gesteigert werden kann und dass zwischen Bühne und Bühnenraum eine Vielzahl fließender Übergänge besteht.

Und nun die Quintessenz: Bremen ist demnach ein Ort, an dem souveräne Öffentlichkeit ein Stück einzigartige, umfassende Lebensqualität konstituiert, der würzigen Alpenluft vergleichbar, oder der sozialen Theatralik südlichen Alltagslebens. Und doch liegt Bremen im Norden, kein Zweifel, und wird für Deutschland als eine hinreißend eigensinnige, zur Selbstironie fähige Stadtrepublik in Europa Furore machen. Wann immer die Zeit dafür reif ist, aber spätestens 2010 – bremische Kultur hat Entwicklungspotenzial und nimmt die Hauptstädte wie sie fallen.Martin Heller

Martin Heller, 1990 bis 1999 Direktor des Zürcher Museums für Gestaltung, Intendant der Schweizer Expo.02, konzipiert seit April 2003 die Bremer Kulturhauptstadtbewerbung