Schlanker aufgestellt – weiter kurz

Wo eine Süßigkeit auch mal weniger lecker ist als die andere: Heute Abend wird im Metropolis das 19. Internationale Kurzfilmfestival eröffnet, das sich dieses Jahr an mehr Spielorten und weniger Tagen zuträgt

von TIM GALLWITZ

Es ist ja zeitgemäß: sich schlanker aufzustellen. Diäten versprechen es seit langem, Staat und Wirtschaft wollen es, das Kurzfilmfestival tut es. Statt an acht wie noch im letzten Jahr, sind heuer an sechs Tagen Kurzfilme zu sehen. Doch es erfordert schon einen genauen Blick aufs Programm, um die abgespeckten Pfunde zu entdecken.

Da fehlt das letztjährige Jubiläumsprogramm, aber Geburtstage sind nun mal nicht immer rund. Und sonst? Fast unmerklicher Schwund in den Sonderprogrammen und ein bisschen Verdichtung, da das B-Movie als Spielort hinzugekommen ist. Also an sich kein Grund für die Geschäftsführerin, nun ins Gartenfach wechseln zu wollen, denn auch in der Natur wird nicht zu aller Zeit gewachsen, und kühl ist‘s draußen bisweilen auch. Oder: Schuster, bleib bei deinem Leisten, denn sonst macht sich noch der Bock zur Gärtnerin.

Wie gewohnt verhält es sich schwierig mit dem, was drauf steht, zu dem, was drin ist. Kurzfilmprogramme sind keine Nuss-Nougat-Creme, sondern eher bunte Teller, wo eine Süßigkeit auch mal weniger lecker ist als die andere. Zumutungen folgen da auf Überraschungen folgen auf Zauberhaftes, auf Lebensnahes ... Insofern begnüge man sich hier mit einem groben Überblick, was an den sechs Tagen in Zeise, Metropolis, Lichtmeß und B-Movie aufgeboten wird.

In der Königsdisziplin, dem Internationalen Wettbewerb, sind in der Regel die aufwendigen Produktionen vertreten, auch im NoBudget-Programm konkurriert man international, allerdings mit kleinerem Geldbeutel. Der Flotte Dreier, das Programm mit maximal drei Minuten langen Streifen, hatte die Hausaufgabe „Nützliche Erfindung“ aufgegeben. Dass sich dort gleich drei Filme mit Wallace& Gromit tummeln, ist weniger eine Fleißarbeit denn ein Synchronizitätszufall – oder Indiz dafür, dass die Zeit fürs Thema überreif war. Aardman Productions aus Bristol hatte zeitgleich den Einfall, eine Serie mit Filmen des Heldenpaares zum Thema „Cracking Inventions“ herzustellen, ein Geschenk für die Freunde dieser Animationen mit Hund und Herrchen.

Das Made-in-HH-Programm mit Filmen aus Hamburg findet ohne HB statt, denn Hark Bohms Filmschmiede an der Friedensallee fühlte sich letztes Jahr durch unbotmäßige Berichterstattung ungerecht behandelt, nun sieht man sich dort im Schmollwinkel die Filme eben allein an. Der Made-in-Germany-Sektion blieb solch ein Rückzieher erspart, und so bietet diese Schau vor allem einen Querschnitt durch das Kurzfilmschaffen an den Filmhochschulen der Republik.

Die Newmedianeweconomy-Sektion Bitfilm hat sich derartig verschlankt, dass sie nun als „Virtuelles Licht“ firmiert. Allem Anschein nach bedeutet diese Light-Version jedoch keinen Gewichtsverlust, denn die Filme aus dem Computer kamen auch dieses Jahr mit zwei Programmen auf die Waage. Der japanische Kurzfilm bildet diesmal den traditionellen Länderschwerpunkt. Ausgewählt hat Thorsten Stegmann, einer der Organisatoren der Japanlangfilm-Festivals, was uns Gutes erwarten lässt: Gesellschaftlich Relevantes, Animationen und Experimentelles sind angezeigt.

Ein ebenso bunter Teller kommt aus Indonesien, Output einer Dienstreise zweier Kurzfilmagentur-Angehöriger, die aus diesem uns kaum bekannten Filmland Dokus, Kurzspielfilme und Musikclips mitgebracht haben. „Tekno Shit: Eksploitasi“ und „Brisik: Burn“ verheißen uns indonesischen Rave‘n‘Roll. Man darf gespannt sein. Noch mehr Musikvideos laufen in der Sparte „MuVi Award“ am 7.6. im Festivalclub in der Harkortstraße 125. Der Musikvideo-Wettbewerb der Kurzfilmtage Oberhausen versammelt Clips von Fehlfarben, Thomas Brinkmann, Bohren und der Club of Gore, Alter Ego und vielen anderen. Ach, und dann wär da noch ein Tanzfilmprogramm, ein Franz-Winzentsen-Programm, der Finne Mika Taanila – ganz schön bunt der Teller... Mehr dazu die nächsten Tage.

Eröffnung heute um 19.30 h im Metropolis