Marktfähiges Kombinat

Unternehmensberatung für Linksradikale: Beim FSK wird neben den bestehenden Konflikten über Hilfestellungen einer Unternehmensberatung debattiert. Morgen tagt die AnbieterInnengemeinschaft über den Ausschluss von Forum-Radio

von GASTON KIRSCHE

„Christoph Twickel sagte, er will die Auflösung der bestehenden Konfliktlinien und eine Fortsetzung von FSK um jeden Preis“, erklärte Werner Pomrehn gegenüber der taz hamburg: „Um jeden Preis heißt kompletter Opportunismus gegenüber Allem und Jedem, komplette Beliebigkeit in der Konsequenz“. Pomrehn ist entgeistert, was Twickel bei einem Treffen vor wenigen Tagen zu ihm gesagt hätte: „Twickel kann sich vorstellen, Mit Hilfe einer Unternehmensberatung das Radio neu zu strukturieren. Ich frage mich, ob ihm nicht bewusst ist, dass eine solche Maßnahme darauf hinausläuft, den Sender marktfähig zu machen.“

Was auf den ersten Blick abstrus klingt – Unternehmensberatung für die unentgeltlich tätigen, sich mehrheitlich radikal links verstehenden FSKlerInnen – könnte vor dem Hintergrund der existenziellen Krise, in der FSK steckt, Realität werden. Glaubt Pomrehn. Hat der gekündigte ehemalige Chefredakteur der Szene Hamburg, Christoph Twickel, tatsächlich einen solchen Plan?

Beide, Twickel und Pomrehn, machen Sendungen im Programm des Freien Sender Kombinates. FSK - das sind die unterschiedlichsten Sendungen. Während etwa Twickel in „Sonido Bestial“ populäre lateinamerikanische Musik vorstellt, gestaltet Pomrehn Sendungen mit Aufnahmen linker Diskussionsveranstaltungen. Im Sender tummelt sich die ganze Bandbreite der mehr oder weniger linksradikalen Subkulturen. Da sucht sich ein Antiimperialist sein Publikum, um die USA als faschistische Diktatur zu geißeln, es gab Live-Übertragungen von den Bambule-Demos und im Anschluss eine Folge der Reihe „Antisemitismus von Links“. Eben dieser entfaltete sich in Sendungen. „In einer Sendung von In Kontakt wurde etwa der Kampf palästinensischen Terroristen in Djenin gegen Israels Armee und mit dem Aufstand im Warschauer Ghetto verglichen,“ so der FSK-Aktivist Stefan Wirth: „Der verantwortliche Redakteur dieser Sendung von Forum-Radio wiederholte diese Aussage trotz Kritik in der nächsten Sendung. Daraufhin beschloss die ABG einen Monat Sendeverbot, das wurde nicht eingehalten. Bei der übernächsten Sendung verschaffte sich In Kontakt mit Gewalt Zugang zum Studio. „Seit diesem Vorfall vom 20. Juni letzten Jahres wirft die Mehrheit von FSK der Radiogruppe Forum-Radio, zu der In Kontakt gehört, vor, sich mit ihrem Verhalten außerhalb von FSK zu stellen: „Es funktioniert nicht, mit Forumradio gemeinsam Radio zu machen. Ich würde beim Radio nicht mehr mitmachen, wenn Forumradio dabei bleiben darf. Drei Jahre Wahnsinn sind genug“, erklärte Katja Struve von der Radiogruppe Academic Hardcore gegenüber taz hamburg.

Auf einer Krisen-Vollversammlung schlug Twickel am 25. Mai vor, wer eine Lösung suchen wolle, könne sich bei ihm melden. Morgen kommt nun die AnbieterInnengemeinschaft, ABG, zur monatlichen Sitzung zusammen. Die ABG ist das höchste Gremium des Radios. Stefan Wirth hat für die Radiogruppe Stadtteilradio auf der letzten Sitzung am 1. Mai einen Antrag gestellt, der morgen entschieden wird: „Die AnbieterInnengemeinschaft am 5. 6. 2003 möge beschliessen: Die Radiogruppe Forum-Radio ist kein Mitglied der AnbieterInnengemeinschaft im FSK.“ Wie die Sitzung ausgeht, ist unklar: Drei von fünf Radiogruppen - Stadtteilradio, Academic Hardcore und Radio Loretta - werden für den Ausschluss stimmen, Forumradio selbst dagegen. Bleibt die fünfte Gruppe: Radio St. Paula. Wenn sie nicht für den Ausschluss sind, gibt es keine Dreiviertelmehrheit. Und die ist unumstößlich im deutschen Vereinswesen bei Satzungsänderungen – auch bei FSK e.V.