berliner szenen Verloren mit der BVG

Gegen die Gemeinheit

An der Friedrichstraße ist Endstation. Ein älterer Mann, dunkler Anzug, Einstecktuch, weiße Haare, steht auf dem Bahnsteig. Ihm ins Gesicht spricht eine junge Person in Diensten der BVG. Eifrig erklärt sie, dass die wartende S-Bahn wegen Bauarbeiten zurück zum Alex fährt.

Der Mann, der uns ein bisschen an Jitzhak Rabin erinnert, versteht sie nicht. In seinem Gesicht verteilt sich ein gütiges Lächeln. Es wirkt wie ein Profi, der weiß, dass gegen das Hässliche und Gemeine am besten Ignoranz hilft. Als die BVG-Person nach seinem Arm greift, weicht er einen Schritt zurück und sagt: „Danke für die Auskunft“, dann steigt er in die wartende S-Bahn ein. In die falsche. Die BVG-Frau schlägt sich die Hand auf die Stirn und stößt ein verächtliches „Oh Gott“ aus. Ihr Kollege schreitet ein, schreit dem Mann ins Gesicht, dass er in der falschen S-Bahn sitzt. Der Mann steigt aus und verlässt den Bahnhof. Vor der Tür steigt er in ein Taxi und fährt davon. HENNING KOBER