Nur die Dame fehlt noch

Tommy Robredo ist 21 Jahre alt und Spanier. Bei den French Open in Paris hat er bisher vor allem als Favoritenkiller von sich reden gemacht. Im Viertelfinale trifft er nun auf Landsmann Albert Costa

aus Paris DORIS HENKEL

Die großen Gesten hat er schon drauf. Nach seinem Sieg gegen Gustavo Kuerten sank Tommy Robredo in artistischer Rücklage zu Boden wie weiland Stefan Edberg beim ersten Sieg gegen Boris Becker in Wimbledon, und gemessen daran dürfte es mit der Steigerung bis zum Finale nicht ganz leicht werden. Aber Robredo, 21, ist ein Mann der Emotionen, und die Freude musste einfach raus, wie er später in etwas holprigem, aber charmantem Englisch beschrieb: „I was very excited, because when you won a match after all this nervous, it’s nice, no?“

Wenn er tatsächlich so nervös ist, wie er sagt, lässt er die Gegner nicht viel davon merken. Beim Sieg am Wochenende gegen Lleyton Hewitt, die Nummer eins des Tennis, steckte er einen 0:2-Rückstand in Sätzen weg, gegen Kuerten lag er schnell zurück, verlor den zweiten Satz klar, nutzte den sechsten Satzball im dritten, und am Ende machte er den müden Brasilianer fertig (6:4, 1:6, 7:6, 6:4) mit einer Serie böser Stopps. Reine Notlösung, sagt er. Jedesmal, wenn er einen wichtigen Punkt mit einem harten, langen Schlag habe machen wollen, sei der Ball ins Aus geflogen, die Sache mit den Stopps aber habe prima funktioniert. „He couldn’t arrive, no?“

Die kleine spanische Verneinung am Ende eines solchen Satzes klingt bei Robredo besonders nett; wie vieles, was er so erzählt mit einer Begeisterung und einem Mitteilungsbedürfnis, das jenes seiner spanischen Kollegen klar übertrifft. Costa ist ein stolzer Mann mit einem Hang zur leisen Ironie, Ferrero wirkt trotz seiner 23 Jahre immer noch ein bisschen verklemmt, Moya trägt zwar ein schönes Tattoo auf dem rechten Oberarm, macht in der Öffentlichkeit aber einen eher introvertierten Eindruck – Robredo dagegen ist fröhlich, frech und unbeschwert. Und da ist auch sein Vorname, der auffällt im Kreise von Albert, Carlos und Juan. Robredos Vater Angel, Tennislehrer in Barcelona, war zur Zeit der Geburt seines einzigen Sohnes ein großer Fan der englischen Rockgruppe The Who und nannte den Kleinen nach der Titelfigur des berühmten Musicals.

Auch dieser Tommy trifft offenbar die richtigen Töne; es heißt, es habe schon amouröse Verbindungen zu den Kolleginnen Dokic und Dementjewa gegeben. Aber dieser Tage in Paris macht er bisher in erster Linie deshalb Furore, weil er endlich so Tennis spielt, wie es seinem Talent entspricht. Als Teenager ist er einer der weltbesten Junioren gewesen, 2001, in seinem ersten Profijahr, erreichte er sowohl in Paris als auch bei den US Open die vierte Runde, aber 2002 erreichte er eine gewisse Art von Plateau. Nun ist die nächste Stufe dran im ersten Viertelfinale seiner Karriere bei einem Grand-Slam-Turnier.

Er war kaum zu bremsen in seiner Begeisterung nach dem Sieg gegen Kuerten, den allseits geliebten dreimaligen Sieger des Turniers. „Ich hab’ das Ass geschlagen, dann den König, jetzt fehlt noch die Dame, dann hab’ ich das ganze Kartenspiel zusammen.“ Das Ass war Hewitt, die Dame heißt Albert Costa – und sie ist nicht leicht zu bezirzen.

Titelverteidiger Costa, sieben Jahre älter, erfreute die Konkurrenz nach dem Dreisatz-Sieg gegen Arnaud Clément aus Frankreich mit der Nachricht, er spiele jetzt deutlich besser als vor einer Woche. Zeit genug zum Üben hatte er ja – 15 Stunden in vier Spielen. Dass er so was auch länger durchhält, ist spätestens seit einem Jahr bekannt.

Tommy Robredo freut sich auf die Begegnung mit Costa, und die Konkurrenten freuen sich auch. Denn dieser Tage in Paris sieht es mal wieder so aus, als sei die einzige Chance, die Spanier loszuwerden, zwei von ihnen gegeneinander spielen zu lassen.