Willkommen in der Football-Provinz

Das Kölner Footballteam Cologne Centurions leidet schon bei seiner Premiere in der NFL-Europe am Desinteresse der Fans. Sollte sich die Tendenz fortsetzen droht dem gesamten Amerika-Ableger im nächsten Jahr das Aus

KÖLN taz ■ Jim Connelly, Direktor der NFL Europe (NFLE), wird in diesen Tagen einen recht unangenehmen Anruf von seinem obersten Boss aus New York erhalten haben. Ungefähr so kann das Gespräch verlaufen sein: „Hey Jim, was war denn da los in Cologne in Germany? Nur 9.000 Zuschauer. Das darf doch nicht wahr sein!“, ruft Paul Tagliabue, Commissioner und mächtigster Mann der NFL entnervt in die Leitung. „Boss, es war schrecklich. In Wahrheit waren es noch weniger Zuschauer. Oh, es war Shit. Es hat in Strömen geregnet und war kalt“, wird Connelly zerknirscht geantwortet haben. „Jim, es muss besser werden. So geht es nicht“, schreit Tagliabue. „Okay, Boss. Wir geben unser Bestes!“

Die Heimpremiere des neu gegründeten Kölner Football-Teams Cologne Centurions in der NFL Europe tendierte ganz stark in Richtung Desaster. Mindestens 15.000 Besucher wollte das Team mit dem römisch-militärischen Namen am Samstagabend zu der Partie gegen Frankfurt Galaxy ins RheinEnergie-Stadion locken. Mit einem großen Party-Event vor dem Spiel und jeder Menge Show: „Football‘s coming Dom“, lautet die offizielle Werbebotschaft, die den Kölnern per Radiospots und Plakaten seit Wochen verordnet wird. Es nutzte nichts. Bei Nieselregen und sehr frischen Temperaturen kamen gerade einmal 9.133 Besucher ins 50.600 Zuschauer fassende Stadion – zumindest lautete so die offizielle Zuschauerzahl.

Und dann verloren die Kölner zu allem Überfluss auch noch mit 10:20 gegen Frankfurt. Wie beim 25:26 zum Auftakt der Saison gegen Rhein Fire waren die Centurions gegen die Galaxy das bessere Team. Durch grobe Fehler verhalfen sie dem Gegner aber zum Sieg. Peter Vaas, US- amerikanischer Trainer der Centurions, stellte eine sehr interessante These auf: „Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir zunächst verhindern, dass wir verlieren“, sagte der 50-jährige. Seine Miene war ernst. Vaas sprach in einem Tonfall, den ansonsten US-Präsidenten wählen, wenn sie sich offiziell zur Lage der Nation äußern.

Tatsächlich geht es in der NFL Europe in dieser Saison um existentielle Dinge, nämlich die Zukunft des europäischen Expansionsprojekts der NFL. Bis 2005 läuft der Vertrag. Nick Polk, Vizepräsident der NFLE, drückt es so aus: „Es ist entscheidend, wie viele Leute zu den Spielen kommen.“ Oder anders gesagt: Die Mutterliga NFL ist zwar die finanziell erfolgreichste aller US-Profiligen. Viele Teambesitzer haben aber keine Lust, die europäische Dependance weiterhin mit mehr als 20 Millionen Dollar jährlich zu subventionieren.

Besonders dann nicht, wenn noch nicht einmal Zuschauer kommen. Schließlich soll American Football durch die NFLE das Merchandising voran gebracht werden. Ordentliche Zuschauerzahlen liefern bislang nur zwei der sechs europäischen Klubs, nämlich Rhein Fire und Frankfurt. Die Barcelona Dragons wurden 2003 aufgrund chronischer Zuschauerarmut vom Spielbetrieb suspendiert. Die Centurions rückten nach. “Das Publikum in Köln ist so sportbegeistert. Es wird auch Platz für Football geben“, sagt David Tossell, PR-Direktor der NFL Europe.

Wahrscheinlich dachte Tossell dabei an den 1. FC Köln, der so schlecht spielen kann, wie er will. Das RheinEnergie-Stadion ist trotzdem immer voll. Beim Fußball ist das so. Auch wenn es regnet. Auch bei Kälte.

CHRISTIANE MITATSELIS