Mit den Händen am Gabelstapler aufgehängt

Bei ihrem Irakeinsatz sollen britische Soldaten Iraker gefoltert haben. Das belegen Fotos. Eine Kommission ermittelt

„Er ist für sein Land in den Irak gegangen.Ich bin stolz auf ihn“

DUBLIN taz ■ Wer in fremde Länder reist, macht gerne Fotos, um sie in der Heimat Freunden zeigen zu können. Das ist dem 18-jährigen Gary Bartlam zum Verhängnis geworden. Als er seine Bilder vorige Woche aus einem Fotogeschäft in Tamworth in der englischen Grafschaft Staffordshire abholen wollte, wurde er verhaftet. Auf den Fotos sind irakische Gefangene abgebildet, die offenbar von britischen Soldaten gefoltert werden.

Bartlam gehört dem 1. Königlichen Regiment der Füsiliere an, das im norddeutschen Celle stationiert ist. Das Regiment ist Teil der 7. Brigade, den „Wüstenfüchsen“, die in Basra und Umm Qasr operieren. Bartlam war auf Heimaturlaub in England. Eins der Fotos, die er entwickeln ließ, zeigt einen gefesselten irakischen Soldaten, der mit den Händen an einem Gabelstapler aufgehängt wurde. Um ihn herum sind lachende britische Soldaten zu sehen. Auf einem anderen Foto ist ein nackter britischer Soldat abgebildet, der sich den Kopf eines Gefangenen in den Schritt drückt. Auf einem weiteren Foto sind nackte irakische Gefangene zu sehen, die anscheinend zu sexuellen Handlungen gezwungen werden.

Die Angestellte im Fotoladen, die 22-jährige Kelly Tilford, alarmierte die Polizei, als sie die Bilder sah. „Ich bin auf unsere Soldaten genauso stolz wie alle anderen“, sagte sie, „aber es gibt Regeln. Ich möchte nicht, dass einer meiner Freunde so behandelt wird wie die Iraker auf den Fotos. Wir sind eine große Nation. Aber wir würden unsere Selbstachtung und noch viel mehr verlieren, wenn wir es zulassen würden, dass unsere Soldaten so tief sinken.“

Es werde eine gründliche Untersuchung geben, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Eine Untersuchungskommission sei auf dem Weg nach Celle, und mehr als hundert Soldaten von Bartlams Regiment werden im Irak verhört, sagte er, fügte dann aber hinzu: „Es ist normal, dass es nach einem Konflikt einen ganzen Schwall von Anschuldigungen gibt. Selbst wenn sie vollkommen unbegründet sind, untersuchen wir sie alle.“

Bartlams Mutter sagte am Wochenende: „Er gehört uns nicht mehr. Die Armee ist seine Mutter, sie kümmert sich um ihn. Wir wissen nicht, wie es ihm geht, deshalb sagen wir gar nichts.“ Der Vater sagte dann aber doch etwas: „Er ist für sein Land in den Irak gegangen. Ich bin stolz auf ihn.“

Bei dem Anwalt Robert Peterson, auf Klagen von Soldaten gegen die Armee spezialisiert, melden sich jeden Monat Soldaten, die von ihren Kollegen psychisch und physisch misshandelt wurden. „Diese Praxis kann in einer Kriegssituation leicht ausufern“, sagte Peterson. Rechtsexperten der Armee räumen ein, dass Schikane und Brutalität in der Armee es wahrscheinlicher machen, dass auch Gefangene dem ausgesetzt werden.

Die Bartlam-Fotos sind daher wohl kein Einzelfall. Vor zwei Wochen wurde Feldwebel Tim Collins, Kommandant des Königlichen Irischen Regiments, von einem US-Soldaten beschuldigt, Iraker misshandelt zu haben. Er soll einen irakischen Beamten mit der Pistole niedergeschlagen und auf die Füße von Zivilisten geschossen haben. Collins bestreitet die Vorwürfe. Die Armee hat ihn inzwischen befördert.

RALF SOTSCHECK