In die Zukunft dümpeln

Trotz der 0:2-Heimniederlage gegen Dortmund will HSV-Sportchef Beiersdorfer ohne kurzfristige Aufgeregtheiten am geplanten Umbruch festhalten

Hamburg taz ■ Sein Projekt, beim dümpelnden Traditionsclub HSV mittelfristig eine andere Vereinskultur zu etablieren, sieht Sportchef Dietmar Beiersdorfer durch kurzfristige Aufgeregtheiten nicht in Gefahr. Die Ernüchterung, die sich nach der klaren 0:2-Niederlage am Samstag gegen „spielerisch überlegene“ (Beiersdorfer und Trainer Klaus Toppmöller unisono) Dortmunder nun erstmals nach langer Sieg-Serie auch in der zur uneinnehmbaren Festung hochgejazzten und wieder fast ausverkauften AOL-Arena breit macht, kommt Beiersdorfer dabei nicht ungelegen.

Einen „Umbruch“ plant er schon für die nächste Saison, der nur mehr als ein Wort sein kann, wenn er nicht wieder mit überzogenen Erwartungen Richtung UEFA-Cup befrachtet wird. „Daraus keine Perspektiven abzuleiten, geht mir zu weit“, kommentierte Vorstandschef Bernd Hoffmann denn auch das aktuelle Streben um Tabellenplatz acht und damit die Qualifikation für den UI-Cup.

Auffällig ist zudem, dass die Rede vom „Kapital für die Zukunft“ (Toppmöller) keine bloße Phrase mehr zu sein scheint. Auch wenn der erst überforderte und dann übernervöse Stephan Kling nach einer schwachen Vorstellung im linken Mittelfeld schon zur Halbzeit raus musste – immerhin schon seine sechste Auswechslung im 14. Saisonspiel. „Da muss er durch“, bemüht Beiersdorfer rhetorisch Schweiß und Tränen.

Mehr Youngster-Kredit genießt Björn Schlicke, obschon er sich vor dem 0:2 durch Koller vom starken Torsten Frings „ein bisschen düpieren ließ“, so Toppmöller. Doch anders als nach seinem ähnlich spielentscheidenden Fauxpas bei den Bayern wurde Schlicke diesmal nicht öffentlich zur Demontage freigegeben, zumal er sich in der zweiten Halbzeit gegen die Niederlage zu stemmen versuchte. Toppmöller bescheinigte ihm vielmehr einen „sehr guten Charakter“ und prognostizierte, der Defensiv-Mann werde „noch gute Leistungen für den HSV bringen“.

Der Zorn einiger Fans nach dem Spiel traf ohnehin den Senior des Teams. Nico Jan Hoogma, der sich im Stadionmagazin einen „würdigen Abschied“ nach sechs Jahren in Hamburg erhofft hatte, wurde beim Verlassen des Stadions tätlich angegangen. Der HSV-Kapitän dürfte froh sein, dass er zum Sommer nun doch zurück in die holländische Heimat geht, statt seine Karriere bei den HSV-Amateuren ausklingen zu lassen. jörg feyer