Erfolgreiche Einheit

Das deutsche Tennis-Team besiegt Israel mit 5:0 und darf um die Rückkehr in die Daviscup-Weltgruppe kämpfen

ALSDORF taz ■ Alexander Waske zuckte verlegen mit den Schultern. „Da habe ich total versagt“, grinste der Frankfurter vielsagend. Versagt? „Einen hätte ich doch treffen müssen“, schmunzelte er weiter. Freunde hatten ihm hämische Kurzmitteilungen geschickt. „Torwand: No comment. Aber Tennis hast du gut gespielt.“ Und das war an diesem Wochenende dann auch für Waske die Hauptsache. Denn wenn interessieren beim Deutschen Tennis-Bund schon Waskes Fahrkarten an der Torwand des ZDF-Sportstudios? Der Nobody im deutschen Daviscup-Team hatte im Doppel, Seite an Seite mit Tommy Haas grandios aufspielend, das vorentscheidende 3:0 für das Team Deutschland beim 5:0 über Israel in der Europa/Afrika-Gruppe, der zweiten Liga des Tenniszirkus, erkämpft.

Wie zwei frisch Verliebte taumelten Waske und Haas danach über den grünen Tennisboden des Alsdorfer Sportforums. Ineinander verschlungen lagen da zwei, mit denen niemand gerechnet hatte. Der nach satten 15 Monaten Verletzungspause wieder erstarkende Querkopf und der bis dato nur Insidern bekannte Debütant hatten das israelische Weltklasse-Doppel Andy Ram und Jonathan Erlich in einem unglaublichen Marathon mit 2:6, 5:7, 6:2, 6:4 und 6:3 niedergerungen und der deutschen Daviscup-Mannschaft schon nach drei Spielen die Fahrkarte für die Relegationsrunde um die Rückkehr in die Weltgruppe beschert. „Das war alles so neu. Es hat sich alles ein bisschen gedreht. Ich musste aufpassen, dass mir beim Einmarsch nicht die Tränen kamen“, schwärmte der 29-jährige Waske, der sich erst mit 25 – nach seinem Wirtschaftsstudium – für die Profikarriere entschied.

Nicht nur für ihn galten am Ende Rainer Schüttlers Worte: „Das war ein perfektes Wochenende!“ Die einstige Tennisgroßmacht der Beckers und Stichs feierte in der deutschen Provinz ihre Kehrtwende – und es war die Abkehr vom Niedergang, ein nicht mehr für möglich gehaltenes Gruppenerlebnis für Einzelgänger. Die schwierigen Tommy Haas und Nicolas Kiefer, der verbissene Reiner Schüttler und der unbekannte Waske bildeten über eine Woche eine formidable Einheit. Vor allem: eine erfolgreiche. Die souveränen Einzelsiege Schüttlers ( 6:2, 6:2, 6:1 gegen Noam Okun und 6:3, 7:6 gegen Harel Levy) und Kiefers (6:2, 7:6, 6:3 gegen Levy und 6:2, 6:7, 7:6 gegen Okun) und das ebenso kurzfristig wie überraschend berufene Doppel erinnerten an die guten Zeiten. „Und wir sind erst am Anfang. Für uns geht’s richtig los“, jubelte Team-Kapitän Patrik Kühnen in der kleinen Halle.

Auch DTB-Präsident Dr. Georg Freiherr von Waldenfels sprach anschließend allzu euphorisch gar vom „Signal aus Alsdorf an die Welt“. Allein: Israel ist nicht Australien, Schweden oder die USA, sondern eben: das zweitklassige Israel. „Hinter der Niederlage steckt kein Geheimnis, sondern die Tatsache, dass wir schlechter sind. Es war eine Ehre mit diesen Spielern auf dem Platz zu stehen“, gab sich denn auch Israels Nummer eins, Harel Levy, anschließend kleinlaut. Heute werden in London die Partien für die Relegationsrunde um den Einzug in die Weltgruppe ausgelost. Ob Deutschland gesetzt wird oder nicht, ist offen. Australien oder Russland sind als Gegner möglich, aber unwahrscheinlich; doch auch eine Auswärtspartie auf chilenischer Asche oder slowakischem Sand wäre ein neuer Gradmesser.

Für Patrik Kühnen sind all das Spekulationen. Der Kapitän bleibt optimistisch: „Die Spieler sind gereift, haben verstanden, was sie miteinander im Daviscup erreichen können. Wir haben eine tolle Perspektive für die nächsten drei, vier Jahre“, sagte er. Und wie zur Bestätigung diktierte Nicolas Kiefer: „Egal wo, die Hauptsache ist, wir gewinnen, denn wir wollen alle zusammen zurück in die Weltgruppe.“

THORSTEN KARBACH