Das Ende des Karnevals

Der 1. FC Köln verliert auch bei Hannover 96, kann damit die den Klassenverbleib verheißenden 40 Punkte nicht mehr erreichen, und darf sich getrost als erster Absteiger dieser Saison feiern lassen

AUS HANNOVER DIETRICH ZUR NEDDEN

Das war‘’s wohl. Und vor allem übel für den 1. FC Köln: Nach dem 0:1 bei Hannover 96 ist nicht mehr viel Wagemut vonnöten, um den ersten Absteiger der Saison namentlich identifizieren zu können. Die magischen 40 Punkte, die als Synonym für den Klassenerhalt gelten, kann der 1. FC nicht mehr erreichen, selbst wenn er in den restlichen Spielen sechs Dreier einführe.

Angesichts des Abstands von acht Punkten auf den rettenden 15. Platz müsste ab sofort also die obligatorische Rede vernehmbar sein, solange „rein rechnerisch“ noch was zu machen sei, werde man alles geben. Doch die ersparen sich die Kölner: „Wenn man es realistisch anguckt, dann ist man schon sehr, sehr weit weg“, gestand Trainer Marcel Koller tapfer – und forderte: „Wir müssen es hinnehmen und sind darum umso trauriger.“

Koller, der abermals auf die älteren Herren Lottner und Heinrich verzichtete, wollte seiner jungen Mannschaft nach dem So-gut-wie-sicher-Abstieg „keinen Vorwurf“ machen. Sie habe kämpferisch und spielerisch nicht enttäuscht. In der Tat war es imponierend, wie die Kölner bis zum Schluss leidenschaftlich und keineswegs plump um ihre letzte Chance kämpften – und sich etliche ebensolche allein in der letzten halben Stunde herausspielten. Podolski und Kringe, die neben Streit und Wessels zu den Stärksten aufseiten des absteigenden Aufsteigers gehörten, sowie der eingewechselte Scherz, der vier Minuten vor dem Abpfiff an dem herausstürzenden Ziegler nicht vorbeizirkeln konnte, scheiterten knapp. Zumindest das Unentschieden wäre drin und verdient gewesen, hätte aber – seien wir ehrlich – das Leiden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nur verlängert. Und überhaupt: Irgendwer muss ja absteigen.

Hannover 96 darf sich berechtigte Hoffnungen machen, dass es nicht dazugehört. Bei der einstigen Schießbude der Liga, die allerdings auch mehr Tore geschossen hat als beispielsweise der VfB Stuttgart, stand die Defensive zwar nicht wie eine Eins, aber zum zweiten Mal hintereinander die Null. Und buchstäblich am Rande, bei den Trainerbänken, eine weitere Novität: der „Swapper“. Dabei handelt es sich um eine ergonomisch zweifellos ausgezeichnete Sitzgelegenheit, kreiert von einem lokalen Möbelhändler, die allerdings aussieht wie ein Bastard aus Barhocker und Folterinstrument. Obwohl Ewald Lienen während der Begegnung nur wenige Sekunden darauf Platz nahm, ansonsten in vollem Ausmaß die Coachingzone als Aufenthaltsort nutzte, hatte er sich von dem „mit Abstand schwersten Spiel“, wie er im Regionalfernsehen gestand, noch abends um elf „nicht ganz erholt“.

Dass die Anspannung „höher als sonst“ gewesen sei, berichtete auch Abiturient Stefan Mertesacker, der 19-jährige Innenverteidiger der Hannoveraner, der, es wird zur Gewohnheit, verlässlich und mit größter Umsicht agierte. Wie auch der häufig in Frage gestellte Steven Cherundolo, der Einzige in der Viererkette, der den Trainerwechsel unangefochten überstanden hat. „Einer bleibt immer gleich – und der wurde immer kritisiert“, sagte er nachher mit einem Lächeln, das auch daher rühren mochte, dass er das Tor der 96er vorbereitet hatte. Seine Flanke köpfte Christiansen an den Pfosten, Brdaric reagierte fix und stupste den Ball über die Linie. Ganz ähnlich spielte sich eine weitere Situation kurz vor der Pause ab, als Mathis’ Bogenschuss die Latte traf, Kölns Keeper Wessels diesmal jedoch Brdaric’ Nachschuss hielt.

Ja, auch die Hannoveraner hatten ein halbes Dutzend Möglichkeiten, zumal Kölns Innenverteidigung mit Dogan und Cichon bis zu dessen Auswechslung in der 41. Minute eine Rollenverteilung aufwies, die man aus Polizeifilmen kennt: Der angeschlagene Kapitän Cichon gab den Good Guy, dessen Fehler 96 sehr entgegenkamen; Bad Guy Dogan legte den Schwerpunkt dafür aufs Foulspiel. Gelb sahen beide bald.

Ungenauer muss die Information bleiben, wer alles an diesem Ostersonntag vor dem Mikrofon des TV-Jungspunts Oliver Pocher Halt machte, dessen planlos wirkende Suche nach Gesprächspartnern die auf Fernsehprominenz reagierenden Ordner und Zaungäste in Aufregung versetzte. Dass Brdaric es sich nicht nehmen lassen würde, war zu vermuten gewesen. Wie Ewald Lienen Pocher abblitzen ließ, hatte wiederum Schneid. In höflichem Ton lehnte er dankend ab: „In Sendungen wie der Ihren möchte ich nicht vorkommen.“

Sprach’s und zog von dannen, anders gestimmt als die Kölner, die nun „in Richtung Endgültigkeit“ (Manager Andreas Rettig) unterwegs sind.