Steuer gegen die Kapitalflucht

Europäische Finanzminister einigen sich auf die Besteuerung von Kapitaleinkünften ab 2005. Diese erschwert die Steuerhinterziehung mittels Überweisung ins Ausland erheblich. Deutschland verschiebt Abgeltungssteuer ebenfalls auf 2005

von KATHARINA KOUFEN

Nach jahrelangem Hin- und Her gelang gestern der Durchbruch: Die 15 Finanzminister der Europäischen Union einigten sich auf eine Richtlinie zur grenzüberschreitenden Besteuerung von Kapitaleinkünften. Sie sieht vor, dass ab 2005 Kontrollmitteilungen an die Heimatfinanzämter der Anleger geschickt werden. Von da an gilt eine Mindeststeuer auf Zinsen von 15 Prozent. Von 2008 an soll ein Satz von 20 Prozent gelten, ab 2011 sind 35 Prozent vorgesehen.

Die Richtlinie soll die Steuerflucht eindämmen, hoffen die Minister. Bisher kann jeder sein Geld im Land seiner Wahl anlegen – und so der Steuerpflicht entgehen. Denn noch haben die Finanzämter keinen Zugriff auf ausländische Konten. Wer welche Erträge aus seinem Kapital gewinnt, geht am Fiskus vorbei. Anders in Deutschland: Hier führen die Banken automatisch 30 Prozent von Kapitalerträgen ans Finanzamt ab. Steuerfrei bleibt ein Freibetrag von 1.550 Euro. Am Jahresende wird diese Pauschale dann mit der Einkommensteuer verrechnet. So zahlt letztlich jeder seinen Einkommensteuersatz auch auf die Kapitalerträge.

Grund für den jahrelangen Streit: Einige EU-Länder und die Schweiz gelten als Steuerparadiese und wollen dies auch bleiben. Mit einer einheitlichen EU-Richtlinie gehe ihnen Kapital aus dem Ausland verloren, so die Befürchtung. In der Schweiz ist das Bankgeheimnis dermaßen heilig, dass man ein Konto eröffnen kann, ohne den Namen anzugeben. Nach der neuen Richtlinie nun muss ein Deutscher mit einem Konto in einem anderen EU-Land damit rechnen, dass die Bank das Heimatfinanzamt über seine Geldanlagen informiert.

Allerdings haben sich die Querulantenländer Österreich, Luxemburg und Belgien Ausnahmen ausbedungen. Sie erheben zunächst bei sich im Land eine Steuer auf Kapitalerträge, anstatt an ausländische Finanzämter Meldung zu erstatten. Der Steuersatz wird zunächst 15, von 2007 an 20 und ab 2010 dann 35 Prozent betragen.

Auf diesen Kompromiss hatten sich die EU-Länder und die Schweiz bereits im Januar geeinigt – doch seitdem stockte der Prozess wegen einem Erpressungsversuch: Italien verlangte von der EU, seinen Milchbauern millionenschwere Strafzahlungen für die Überproduktion von Milch zu stunden. Gestern nun in Luxemburg erreichte Italien die Zustimmung der EU-Partner dafür, musste aber auch Zugeständnisse machen.

Der deutschen Regierung kam diese Verzögerung ganz gelegen: Unter Berufung auf Brüssel hat sie vorgestern ohne viele Tränen die geplante Abgeltungssteuer nach hinten verschoben – nun wohl auf 2005. Die umstrittene Abgabe soll pauschal mit 25 Prozent auf alle Kapitaleinkünfte erhoben werden.

Kritiker warfen der Regierung vor, auf diese Weise die besser Verdienenden zu begünstigen. Sie müssen derzeit bis zum Steuerhöchstsatz von 48,5 Prozent zahlen. Bundesfinanzminister Hans Eichel plant die Abgeltungssteuer zusammen mit einer Amnestie für Steuerflüchtlinge.