Auch CDU-Wähler sind tolerant

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat die Haltung der Deutschen zum Islam untersucht

BERLIN taz ■ Was für ein tolerantes Völkchen, diese Deutschen! Gefragt, ob die Muslime ihre Religion ohne Einschränkung ausüben sollen, sagten 64 Prozent: ja. Interviewt wurden sie für eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem Titel: „Was halten die Deutschen vom Islam?“ Die Autoren waren „sehr überrascht“ von der Toleranz der Deutschen, wie der Leiter der Studie, Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, gestern sagte.

Jeweils 1.000 Deutsche aus Ost und West hatten angegeben, was sie zum Beispiel von Moscheen oder muslimischen Familien in der Nachbarschaft halten. Die Befragten waren so ausgewählt, dass genau aufzuschlüsseln war, welche Faktoren bei intoleranten Deutschen zusammenkommen: Sie wohnen eher in den neuen Bundesländern, haben ein geringes Bildungsniveau, sind arbeitslos und über 60 Jahre alt. Am tolerantesten ist ein Wessi mit hohem Einkommen, möglichst gebildet und katholisch.

Die Initiatoren hätten auch gleich vom typischen bayerischen Unionswähler reden können, denn es schien ihr Hauptanliegen zu sein nachzuweisen, wie tolerant diese Spezies in Wahrheit ist. So beklagte Emine Demirbüken, Beiratsmitglied der Adenauer-Stiftung: „Die SPD gilt als viel toleranter als die Union. Die Zahlen geben eine andere Realität wieder.“

Der Beweis: 41 Prozent der Katholiken, aber nur 35 Prozent der Protestanten meinten, dass der Islam und das Christentum die gleiche Werte hätten. Diese Differenz von sechs Prozent hielt Demirbüken für äußerst bedeutsam – während sie eine andere Abweichung eher herunterspielte. Nur 40 Prozent der gefragten SPD-Wählern hielten das Christentum für toleranter als den Islam, aber 50 Prozent der Christdemokraten neigten dieser selbstgerechten Haltung zu. „Kein großer Unterschied“, befand Demirbüken.

Wenn aber beide Lager so tolerant sind, wieso entsteht dann ein dermaßen falsches Bild von den Konservativen? Wilamowitz-Moellendorf erklärt das so: „Man muss zwischen den Wählern und der Partei unterscheiden“, sagte er. Dies sollte wohl bedeuten, dass die Union nicht ganz so offen ist wie ihre Anhänger.

Seine erste Schlussfolgerung aus der Studie klang wie eine Ermahnung an die christdemokratischen Parteien: „Integration darf keine Einbahnstraße sein.“ Man dürfe nicht nur Forderungen an die Zuwanderer richten. Auch die deutsche Bevölkerung müsse sich anstrengen, damit Ausländer ihren Weg in die Gesellschaft finden.

Konkrete Vorschläge für die Politik wurden aus der Studie aber nicht abgeleitet. Demirbüken verwies lediglich auf die bereits vorliegenden Integrationskonzepte der CDU. Ansonsten forderten die beiden Initiatoren der Studie nur recht allgemein: „Wir müssen homogene Wohngebiete vermeiden.“ Das beste Rezept dafür sei, die Lebensqualität zu erhöhen, auch in den sozial benachteiligten Quartieren. „Sonst verlassen alle das Wohngebiet, die mehr verdienen und eine höhere Bildung haben, ob deutsch oder Immigrant.“ Letztlich plädierten die Autoren damit für mehr soziale Gerechtigkeit. MAREKE ADEN