Rezession behindert Behinderte

betr.: „Entscheidung aus tiefer Not heraus“, taz vom 19. 12. 08

Es gibt einen wunderbaren Ort namens Wolkenkuckucksheim, in dem sich alle Menschen – behindert, nicht behindert, stark, schwach, gesund, krank, alt, jung und bunt gemischt in sämtlichen Hautfarben und Kulturen gleichberechtigt und partnerschaftlich eine Welt teilen. Der gemeinsame Lebensraum dort ist so gestaltet, dass jedeR einen sinnvollen Platz einimmt, alle voneinander profitieren und jedeR bekommt, was für ein erfülltes und würdiges Dasein nötig ist! Leider ist dieser Ort bis dato unerreichbar, so dass diese ganzen Sesselpfurzer, die zu wissen glauben, was „der behinderte Mensch an sich“ braucht und wie verzweifelte Familien am besten beraten werden, auch nicht dorthin ins Praktikum geschickt werden können.

Ich habe mich als Mitarbeiterin in einem Förderzentrum für umfassend behinderte Menschen auf das Thema „aktive Teilhabe für Alle“ spezialisiert und kann diesbezüglich im Rahmen meiner Berufstätigkeit ab und zu mal ein paar Tröpfchen auf heiße Steine zischen lassen. Mehr ist leider in den Stellenplänen nicht vorgesehen. Je klammer die Kassen durch ständiges „Mammonfüttern“ werden, umso mehr gilt wieder die systematische Aussortierung behinderter Menschen in „Satt-und-sauber-Welten“. Und die Wehklagen heulen wieder um Verständnis ringend durch die Lande: „Oh, die böse, böse Rezession! Ihr armen behinderten Menschen – wir würden euch ja sooo gerne helfen, aber …“

RITA-MARIA DONHAUSER, München