NRW soll nicht zur Zone werden

SPD-geführte Landesregierung lehnt die von CDU und FDP geforderten Sonderwirtschaftszonen auch in NRW ab. Unterstützung kommt von Grünen und Gewerkschaften: „Lohndumping hilft nicht weiter“

VON ANDREAS WYPUTTA

Die Einführung von so genannten Wirtschaftssonderzonen auch im größten Bundesland ist für die nordrhein-westfälische Landesregierung kein Thema. „Darüber ist im Kabinett nicht gesprochen worden“, so Staatskanzlei-Sprecher Reinhard Boeckh zur taz. Bereits heute werde in NRW nicht mit der Gießkanne, sondern nach Bedürftigkeit bestimmter Regionen gefördert – ein Prinzip, das auch auf der Bundesebene angewandt werden sollte. Auch das Finanzministerium gibt sich skeptisch: „Der Begriff ist missverständlich“, sagt ein Sprecher.

CDU und FDP im Düsseldorfer Landtag unterstützen dagegen den Vorstoß des Leiters der Komission der Bundesregierung für den Aufbau Ost, Klaus von Dohnanyi. Allerdings dürften diese Zonen nicht auf Ostdeutschland beschränkt bleiben, mahnte CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers bereits am Samstag – ähnlich strukturschwache Gebiete gebe es auch in NRW, etwa im Ruhrgebiet. Auch Gerhard Papke, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, unterstützt den Vorstoß: Gerade in der wirtschaftlich schwachen Emscher-Lippe-Region sei neben Bürokratieabbau eine massive Liberalisierung des Wirtschafts- und Arbeitsrechts nötig. „Wir brauchen Bündnisse für Arbeit auf Betriebsebene.“

Papke zielt damit auf die Tarifautonomie: Verhandlungen über Lohn, Gehalt und Arbeitszeiten müssten endlich ohne den Einfluss der Gewerkschaften nur auf der betrieblichen Ebene geführt werden können, fordert der Wirtschaftsliberale: „Gerade im nördlichen Revier konstatiert die Industrie- und Handelskammer eine fortschreitende Deindustriealisierung. Wir müssen endlich etwas tun, damit im Ruhrgebiet nicht die Lichter ausgehen.“

Ein Irrweg, glaubt dagegen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB): „Sonderwirtschaftszonen sind Quatsch“, sagt Nicola Liebert, Leiterin der Abteilung Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik beim DGB NRW. „Wir brauchen als Hochtechnologieland kein Lohndumping, sondern gut ausgebildete und hochmotivierte Fachkräfte.“ Und für Betriebe mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehe eine „Fülle von Sonderregelungen“ bereit. Die angemahnten Alternativkonzepte der Gewerkschaften liegen längst vor, betont die Arbeitsmarktexpertin: „Statt der Schaffung eines staatlich subventionierten Niedriglohnsektors fordern wir größere Entlastungen geringerer Einkommen bei Steuern und Sozialbeiträgen.“

Unterstützung bekommt der DGB von den Grünen: „Wir lehnen solche Sonderzonen ab“, sagt Johannes Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion. „Sonst droht ein Wettlauf um immer stärkeres Sozialdumping.“