Keine Exoten mehr

Runder Tisch statt spitze Finger: der schwul-lesbische Arbeitskreis in Dortmund feiert Jubiläum

RUHR taz ■ „Die Leute von der Stadtverwaltung zucken nicht mehr zusammen, wenn wir mit einem Anliegen kommen“, sagt André Zwiers-Polidori vom schwul- lesbischen Arbeitskreis Dortmund (Slado e.V.). Vor fünf Jahren sei das noch anders gewesen. Doch dann nahm der schwul-lesbische Runde Tisch seine Arbeit auf, der für die Interessen der etwa 30.000 Dortmunder Homosexuellen eintritt.

Gefordert hatte ihn der Slado. Nach Münsteraner Vorbild sollte er aufgebaut sein, mit Vertretern aus Politik, Verwaltung und der Slado selber. Die SPD hat die Idee vor der Kommunalwahl aufgegriffen und damit neue Wähler und Wählerinnen geködert. Nach der gewonnenen Wahl kam der Runde Tisch wirklich, wurde zu einer Erfolgsgeschichte und kann heute sein kleines Jubiläum feiern.

Jeder Beschluss muss nun homofreundlich sein

Den letzten großen Schritt hat die Stadt vor einem Jahr getan. Seitdem wird bei jeder kommunalen Entscheidung darauf geachtet, ob die Gleichstellung von Homosexuellen ausreichend berücksichtigt ist. Weitere Erfolge sind ein schwul-lesbisches Medienverzeichnis für die Stadt- und Landesbibliothek, Fortbildungsseminare für Mitarbeiter der Stadtverwaltung zur Lebenssituation von Homosexuellen und ein Internet-Auftritt im Rahmen der offiziellen Dortmunder Seiten.

Doch wenn es anstrengend und teuer wird, kann die Stadt nicht helfen. Der Verein Schibsel e.V. betreut im Jahr etwa 250 bis 300 Lesben, die psychologische Hilfe brauchen. Unterstützung von der Stadt bekommt der Verein nicht. Susanne Talia von Schibsel bezweifelt auch, dass sich das bei der jetzigen Haushaltslage noch ändern könnte. Die einzige finanzielle Unterstützung kommt vom Land. Immerhin, denn für die Dortmunder Schwulen gibt es noch nicht einmal diese, sie müssen ihre Arbeit ehrenamtlich erledigen.

Dortmund sei grundliberal, sagt der Verein

Im Großen und Ganzen sind die Vertreter von Slado zufrieden mit dem Erreichten. „Vieles läuft unproblematischer als anderswo“, meint André Zwiers-Polidori. „Das liegt an einer gewissen Grundliberalität in dieser Stadt.“ Dortmund habe immerhin das bundesweit älteste Schwulen- und Lesbenzentrum.

Die gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung hat einen Namen und heißt Siegfried Pogadl. Der Dortmunder Sozialdezernent sitzt mit am Runden Tisch. Wie André Zwiers-Polidori betont er auch die gesellschaftlichen Entwicklungen. Gegenüber 1999 habe es große Veränderungen gegeben. Man packe sich nicht mehr „mit spitzen Fingern“ an. Früher hätten die Mitarbeiter der Verwaltung das Gefühl gehabt, Themen aus der Schmuddelecke zu bearbeiten, wenn Homosexuelle an sie herangetreten wären. Das sei heute nicht mehr so.

Dafür rücken die Kommunalwahlen im Herbst immer näher. Doch in diesem Jahr versprechen alle drei Ratsfraktionen: Einer Zukunft des Runden Tisches steht nichts im Wege.

HARALD SCHÖNFELDER