Auferstanden aus Platinen

Nach Jahren der Abstinenz ist das Folk- und Bluesgenius Geoff Muldaur in der Fabrik zu Gast. Im Vorprogramm: „Tri Continental“ mit ambitioniertem Afro-Blues

Mit dieser Rückkehr hatte wohl niemand gerechnet. Als Geoff Muldaur 1998 – immerhin nach beinahe 18-jähriger künstlerischer Abstinenz – sein Album The Secret Handshake veröffentlichte, waren sich Publikum und Kritik weithin einig: Welch ein Glück, dass sich dieser Mann noch einmal eines Besseren besonnen hatte.

Muldaur, seit Kindesbeinen vom Sound und von der Mythologie des Jazz und des countrylastigen Blues affiziert, nahm bereits 1963 seine erste Soloplatte auf und tauchte vollends ein in das Universum, zu dem ihm Harry Smiths Anthology Of American Folk Music die Pforten geöffnet hatte. Als Mitglied der Jim Kweskin Jug Band gehörte er zu den erfolgreichsten Repräsentanten der Ostküsten-Folkszene und bereicherte das Festival im Genre-Mekka Newport um einige Höhepunkte in Sachen Roots-Musik.

Nach zwei Duettalben mit seiner damaligen Frau Maria, der Zusammenarbeit mit Amos Garrett und weiteren Soloprojekten verabschiedete sich Muldaur 1981 von der Musik und verschwand in der Sphäre des Business. Als Manager des Hannibal-Labels und Software-Programmierer für die Autoindustrie finanzierte er seinen Kindern das College und sich selbst eine Reihe zünftiger Drogenexzesse. Ein vielfacher Glücksfall also, diesen Mann überhaupt noch einmal erleben zu können.

Passend zu seinem bevorstehenden Auftritt in der Fabrik ist unter dem Titel Beautiful Isle of Somewhere vor kurzem ein Livemitschnitt seines 1999er Konzerts in Bremen erschienen, auf dem neben zwei Stücken aus der Feder von Walter Davis auch das wundervolle „Trouble Soon Be Over“ des vom Schicksal gebeutelten Blind Willie Johnson zu hören ist. Den Einstieg liefert Muldaur mit der Vertonung eines Gedichts von Tennessee Williams. Eine Melange aus Folk- und Blueselementen gibt den Zeilen des depressiven Südstaatenpoeten eine Note, als wäre sein A Streetcar Named Desire unter dem Einfluss von Robert Johnsons kargem Blues entstanden.

In manchen Augenblicken erscheint Muldaurs perfektionistische Spielweise, seine Virtuosität in Sachen Fingerpicking und seine sanfte, zurückhaltende Art fast schon als zu viel des Guten, doch die hintergründige Traurigkeit in seiner Stimme lässt keinen Zweifel daran, dass es sich bei seiner Referenz an den Blues um ein Zeugnis aufrichtiger Seelenverwandschaft handelt.

Mit von der Partie ist am kommenden Dienstag die Band Tri Continental, die zusammen mit dem indischen Perkussionisten Ramesh Shotham auftreten wird. Die drei Gitarristen des Trios haben sich vorgenommen, in ihren Songs madagassische Rhythmen, keltisch inspirierten Folk und traditionellen Blues mit den Grenzgängen von Jimi Hendrix zu verbinden. Vom Gelingen dieser gelegentlich etwas überambitioniert wirkenden Fusion sollte sich jeder selbst überzeugen. MATTHIAS SEEBERG

Dienstag, 21 Uhr, Fabrik