Gäste aus Nahost auf der Ranch von Bush

Nach dem ägyptischen Staatschef Mubarak trifft sich der US-Präsident mit dem israelischen Premierminister Scharon.Dabei geht es vor allem um dessen Abzugsplan für den Gaza-Streifen. Der Streit geht um die Folgen für das Westjordanland

AUS KAIRO KARIM EL-GAWHARY

Sprechen sie einzig und allein von einem einseitigen israelischen Rückzug aus dem Gaza-Streifen, sind sich die beiden nahöstlichen Gäste auf der Ranch von George W. Bush diese Woche einig. Sowohl der Architekt des Planes, der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon, der den US-Präsidenten noch treffen wird, als auch der ägyptische Präsident Husni Mubarak, der gerade bei ihm war, finden die Idee, die israelische Besatzung des Gaza-Streifens zu beenden, gut.

Aber es ist der Kontext, in dem die israelisch-arabischen Vorstellungen weit auseinander klaffen. Scharon sieht den Gaza-Rückzug als Teil eines größeren Planes der Trennung zwischen Israelis und Palästinensern, in dem Israel am Ende einen großen Teil des illegal besetzten Westjordanlandes behalten wird. Für Mubarak und mit ihm die Palästinenser kann der Rückzug aus Gaza aber nur ein erster Schritt sein, an dessen Ende die vollkommene Rückgabe aller israelisch besetzten Gebiete im Gaza-Streifen und dem Westjordanland steht. Mubarak stünde bei einem Rückzug aus Gaza noch zusätzlich in der Pflicht. Israel will, dass Ägypten die Sicherheit im Gaza-Streifen garantiert. Bisher hat Ägypten angedeutet, die Überwachung der Grenze weiter zu übernehmen, um den Schmuggel von Waffen zu unterbinden, für Sicherheitsaufgaben im Gaza-Streifen will sich Kairo allerdings nicht einspannen lassen.

Nun hat Scharon kurz vor seiner Reise über den Atlantik näher definiert, wie er sich die Zukunft des Westjordanlandes vorstellt. Sechs große Siedlungsblöcke – Maale Adunim, Hebron, Kiryat Arba, Gush Etizion, Ariel und Givat Zeev – will er dort behalten. Die sollen weiter ausgebaut werden, „als ein Teil Israels, für alle Ewigkeit“, wie es Scharon am Dienstag vor seinem Publikum, 500 Siedlern aus Maale Adunim, formulierte. Über 120.000 Siedler leben in diesen Blocks, die Hälfte aller Siedler im Westjordanland, nimmt man Ostjerusalem aus. Er gäbe Gaza und einen Teil des Westjordanlandes auf, um nach drei Jahren Unruhen Israel von den Palästinensern zu trennen, die Sicherheit zu verbessern und dabei doch große Siedlungen und Sicherheitszonen zu behalten, erklärte Scharon seinen Plan. Über diesen Vorschlag sollen die rund 200.000 Mitglieder seiner Likud-Partei am 29. April abstimmen.

Die arabische Seite steckt in einem Dilemma. Lautet das Motto „Kriegen, was zu kriegen ist“, dann ist die Rückgabe des Gaza-Streifens ein positiver Schritt, nicht aber, wenn Scharon, wie befürchtet wird, am Ende im Gegenzug das halbe Westjordanland annektiert. In diesem Falle bekam Mubarak zunächst Rückendeckung von Bush. „Wenn Scharon sich aus dem Gaza-Streifen zurückziehen sollte, wäre das eine positive Entwicklung“, so der US-Präsident. Allerdings würde ein solcher Rückzug nicht die Vereinbarungen der Road Map ersetzen, des internationalen Friedensplans für den Nahen Osten. „Er ist ein Teil der Road Map, sodass wir weiter in Richtung einer Zwei-Staaten-Lösung voranschreiten können“, erklärte Bush nach den Gesprächen mit Mubarak. Der ägyptische Präsident sagte lediglich, dass jeglicher Rückzug aus den besetzten Gebieten „sehr willkommen“ sei, aber alleine nicht ausreiche.

Da war der palästinensische Unterhändler Saib Erekat schon deutlicher. „Er hat die Tür für jegliches Friedensabkommen zugeschlagen“, ließ er nach Scharons Ankündigung verlauten, sechs Siedlungsblöcke behalten zu wollen. Und er fügte hinzu: „Ein Rückzug aus Gaza kann nicht dazu dienen, die weitere Besatzung des Westjordanlandes und Jerusalems zu rechtfertigen.“