NRW FILMTIPP DER WOCHE

Vorsicht vor Zivildienstleistenden! Der schwarze Humor des georgischen Filmemachers Dito Tsintsadze ist berüchtigt: In seinem grotesken Drama „Schussangst“ kämpft der Kriegsdienstverweigerer Lukas Eiserbeck (Fabian Hinrichs) mit Waffengewalt um seine Liebe.

Beim Zivildienst in Halle an der Saale lernt der viele eigenartige Sonderlinge kennen, wie die alternde Prostituierte, die gerne mal „Nachbarschaftshilfe“ leistet, oder den ehemaligen Scharfschützen aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie alle verbindet ein Leben in der Einsamkeit. Eines Tages verliebt sich Lukasin die geheimnisvolle Isabella (Lavinia Wilson). Sein Leben erhält eine entscheidende Wendung. Störend ist nur ihre seltsame Beziehung zum Stiefvater Romberg (Johan Leysen), der nicht der liebevolle Familienvater zu sein scheint, den er vorgibt. Isabella distanziert sich von ihm. Lukas Leben gerät endgültig durcheinander. Er besorgt sich ein Gewehr, doch Romberg erleidet einen Herzanfall. Doch Lukas zwanghafte Lust am Abfeuern ist geblieben. Auf einfache Weise erzählt Tsintsadze sein Drama über Einsamkeit und Ausweglosigkeit. „Schussangst“ wurde „Bester Film“ beim deutsch-türkischen Filmfestival in Nürnberg, erhielt den „Goldenen Prometheus“ in Tiblisi und gewann als erster deutscher Film die „Goldene Muschel“, den Hauptpreis beim Filmfestival in San Sebastian. Dafür gab es auch Buh-Rufe. In einer Zeit der Einheitsmatsche und High-Concept-Filme gilt das aber eher als besondere Würdigung für ein Werk mit einem unbehaglichen Thema. STEFAN ORTMANN