Zusammenbruch an der Ziellinie

Zwei Wochen vor dem geplanten Termin ist die Weltmusikmesse „Strictly Mundial“ in Istanbul abgesagt worden

Weltweit darbt die Musikindustrie – nur im Segment der so genannten Weltmusik werden noch schwarze Zahlen geschrieben. Gerade weil das Geschäft mit exotischen Stilen nur niedrige Gewinnmargen verspricht und eher von Abenteurern und Enthusiasten verfolgt wird als von millionenschweren Musikkonzernen, erweist es sich nun als besonders krisenbeständig.

So gut geht es der Weltmusikbranche, dass sie sich gleich zwei Messen leistet: Da gibt es die Wandermesse Womex, so das Kürzel für „Worldwide Music Expo“, die jedes Jahr an einem anderen Ort tagt – zuletzt in Sevilla, diesen Herbst wieder im Ruhrgebiet. Und da gibt es das Festival „Strictly Mundial“, das aus internen Querelen bei der Womex hervorgegangen ist. Vor vier Jahren spalteten sich eine Hand voll Festival-Veranstalter, Künstleragenturen und Musik-Aficionados von der Womex ab und riefen eine eigene Veranstaltung ins Leben: ein Festival, das den Wanderzirkus-Charakter der Womex beibehalten, aber eine globalere Ausrichtung besitzen sollte: „Strictly Mundial“ eben.

Nach gelungenem Auftakt in Spanien und Folgefestivals im brasilianischen Salvador de Bahia sowie in Marseille sollte „Strictly Mundial“ in seinem vierten Jahr nun in Istanbul stattfinden. Der Termin schien gut gewählt, denn in diesem Jahr beginnen ja womöglich die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU. Außerdem besitzt das Land eine florierende Musikszene, die sich einem Fachpublikum zu präsentieren lohnte.

Seit Monaten schon lag ein langes Veranstaltungsprogramm vor, das rund 100 Musiker und Bands aus aller Welt umfasste, von Argentinien bis Sansibar. Doch offenbar war dieses stolze Paket eine Spur zu groß, um von den Veranstaltern geschultert zu werden. Nur zwei Wochen vor dem geplanten Termin ist das „Strictly Mundial“- Festival deshalb in letzter Minute abgesagt worden. Zu spät, als dass allzu viele der beteiligten Musiker und Bands, der Festivalgäste und Konferenzteilnehmer ihre Flüge und Hotels noch rechtzeitig stornieren dürften: Ihr Geld ist futsch.

Auf der Webseite des Festivals, unter www.istanbul2004.info, findet sich nur eine langatmige Erklärung des Leiters von „Strictly Mundial“, Salih Yigit. Dieser gibt nicht eingehaltene finanzielle Zusagen seitens der EU und des Aga-Khan-Trusts als Gründe für das Scheitern an.

Vor allem aber klagt er, seine Agentur „Artmaxx“, welche die Organisation übernommen hatte, sei von ihrem Auftraggeber, dem „European Forum of Worldwide Music Festivals“ (EFMWF) in Brüssel, nicht ausreichend unterstützt worden: So hätten sich die meisten der 50 Mitglieder des Forums gar nicht erst zum Festival angemeldet und kaum welche hätten Messestände gebucht.

Offensichtlich haben die Unstimmigkeiten zwischen seiner Agentur und ihren Auftraggebern den Ausschlag für die enorm kurzfristige Absage gegeben. Was nun aus „Strictly Mundial“ wird, deren nächster Termin in den Niederlanden angesetzt ist, steht in den Sternen. Denn bei den betroffenen Künstlern und Besuchern dürften alle Beteiligten gehörig an Kredit verspielt haben. DANIEL BAX