Bush will US-Truppen im Irak verstärken

Nur einmal bleiben dem US-Präsidenten angesichts harter Fragen zu Versäumnissen vor dem 11. September die Worte weg. Seine Strategie im Irak bleibe unverändert, die Zahl der Soldaten dort werde aber angesichts des Widerstands wachsen

„Sicher habe ich Fehler begangen, auf die Schnelle weiß ich aber nicht, welche“

AUS WASHINGTONMICHAEL STRECK

Der Gesichtsausdruck von Condoleezza Rice verriet am ehesten den Ernst der Lage. Mit versteinerter Miene saß die Sicherheitsberaterin von George W. Bush am Rande des großen Saals im Weißen Haus und lauschte der Pressekonferenz ihres Dienstherrn. Sie ahnte, dass angesichts der gefährlichen Lage im Irak nichts weniger auf dem Spiel stand als seine Präsidentschaft.

Ausgerechnet während der Eskalation im Irak, als seine Umfragewerte in den Keller rutschten und die Bevölkerung an der Weisheit des Krieges zu zweifeln begann, vermied Bush den Kontakt mit der Öffentlichkeit. Von seinen Parteifreunden stets als führungsstark gepriesen, erschien er plötzlich ratlos und irritiert. Er verschwand auf seine Ranch in Texas, gab kaum Interviews. Andere, wie Donald Rumsfeld oder Colin Powell, mussten sich der Öffentlichkeit stellen. Am Wochenende dann platzte Senator John McCain, Republikaner und Widersacher Bushs im Wahlkampf 2000, der Kragen. Er forderte den Präsidenten auf, sich rasch direkt ans Volk zu wenden. Stunden später wurde der Termin für die Pressekonferenz bekannt.

Am Dienstagabend, zur besten Sendezeit, stellte sich Bush dann den Fragen der Journalisten. Es war einer dieser seltenen Auftritte – erst der dritte in seiner Amtszeit – für den pressescheuen Präsidenten. Sein Ziel: die Entscheidung zum Irakkrieg rechtfertigen, Entschlossenheit vermitteln und deutlich machen, dass er den Kurs halten werde.

Nüchtern sprach er von „schweren Problemen“ im Irak, wies aber den Begriff „Volksaufstand“ zurück. Er beharrte auf der Machtübergabe an eine souveräne Regierung am 30. Juni und verkündete die bittere Nachricht, mehr Soldaten in den Mittleren Osten zu schicken – bis zu 20.000 Mann wird das Pentagon wohl zusätzlich zu den 130.000 GIs, die schon im Irak kämpfen, anfordern.

Bush blieb jedoch präzise Antworten zum weiteren Vorgehen im Irak schuldig. Stattdessen predigte er die „historische Mission“ für einen freien und demokratischen Irak. Es war fast so, als ob er seinen Kritikern vorwarf, Kleinkrämerseelen zu sein, die den Blick für den großen Zusammenhang nicht erkennen wollten. „Wir verändern die Welt“, rief er in den Saal. Immer wieder klang seine Überzeugung an, die Vereinigten Staaten seien das von Gott auserwählte Land, um der Welt Freiheit zu schenken. Neben diesem „höheren Auftrag“ versuchte er den Irakkrieg als notwendigen Bestandteil des Antiterrorkampfes darzustellen. „Terroristen haben einen Verbündeten in Bagdad verloren“, sagte er, ungeachtet der Tatsache, dass sein eigener Geheimdienst keine Verbindung zwischen Saddam Hussein und al-Qaida fand.

Doch die Journalisten waren an diesem Abend der Allgemeinplätze überdrüssig. Bissig und schonungslos quälten sie Bush mit Fragen nach seiner persönlichen Verantwortung, nach Fehlern im Irak oder im Vorfeld des 11. September. Bush wich aus, wiegelte ab, stotterte oder verfiel in langes Schweigen. Ja, sagte er nach einer langen Pause, sicher habe er Fehler begangen, er wisse nur auf die Schnelle nicht, welche.

Den einzigen leisen Ansatz von Zweifel ließ er in Bezug auf die Terroranschläge erkennen. Er gestand, sich gefragt zu haben: „Gibt es etwas, das wir hätten tun können, um die Anschläge zu stoppen?“ Wenige Stunden zuvor hatte jedoch sein Justizminister Versäumnisse der eigenen Regierung zurückgewiesen und Bill Clinton die Verantwortung für die Attentate zugeschoben. Die Vorgänger-Regierung sei „fast ein Jahrzehnt lang blind gegenüber den Feinden“ gewesen, sagte John Ashcroft vor der Untersuchungskommission zum 11. September.