Laut genug gestempelt

Eine medienwirksame Variante der „Stillen Post“ bringt protestierenden Anwohnern ihren Briefkasten an der Eppendorfer Landstraße zurück. Deutsche Post beugt sich der alternativen Notpost

von OKE GÖTTLICH

Die Kummer-Hotlines ehemaliger Staatsbetriebe wie der Telekom und der Deutschen Post wirken wie ein Sorgenschwamm. Die Beschwerde wird mal mehr, mal weniger anteilnehmend zur Kenntnis genommen. Aber immerhin, gut dass man darüber gesprochen hat. Helfen wird es häufig nichts. Nur wer ordentlich und beharrlich drückt, bekommt doch noch einen Hilfetropfen aus dem System gequetscht.

Auch BürgerInnen an der Eppendorfer Landstraße durften sich in den vergangenen Wochen mit dem Abwehrbollwerk der Deutschen Post auseinandersetzen, das seine Methode von einem simplen Kinderspiel kopiert hat. Ähnlich der „Stillen Post“ wird die Beschwerde meist von einer unzuständigen Stelle zur nächsten weitergereicht. „Die haben am Reißbrett entschieden, welche Briefkästen sie demontieren“, ärgert sich Ladenbesitzer Jens Burg über den Abbau der gelben Kästen.

Er und weitere Geschäftsleute des Jugendstilviertels sammelten über 4000 Unterschriften gegen das plötzliche Postkastensterben und stellten ein alternatives Modell in signalrot auf, das ein gelbes Kreuz mit der Inschrift „Briefkasten 1900-2003“ ziert. Dem Begräbnis folgte die Idee einer Eppendorfer Notpost – mit eigenem Stempel. Eine Initiative, die mit Hilfe eines medienwirksamen Proteststurms für heftigen Wirbel bei der Deutschen Post AG sorgte.

„Es muss nur alle 1000 Meter ein Briefkasten stehen“, begründete Postpressesprecherin Minou Esfahlani den Abbau. „Die Aktion der Eppendorfer ist allerdings sehr gut organisiert“, muss sie nun angesichts zahlreicher Berichte gestehen.

Nachdem der Standort des alternativen Briefkastens von der Polizei geduldet und vom Bezirksamt Nord genehmigt wurde, „stand das Telefon nicht mehr still“, erinnert sich Notpostler Burg. 30 Anrufer wollten pro Tag wissen, wie man Privatbriefkästen anmelden kann. „Um mich wieder meiner Arbeit widmen zu können, habe ich nochmal bei der Post angerufen und tatsächlich mit einem Oberboss sprechen dürfen.“

Nun wird heute ein neuer, gelber Briefkasten mit Doppelkammersystem installiert. Der alternative Briefkasten wird für den FC St. Pauli versteigert.