Eine langfristige Zwischenlösung

Bush und Scharon beenden die Phase israelisch-palästinensischer Verhandlungen

JERUSALEM taz ■ Die Unterstützung von US-Präsident George W. Bush für den einseitigen Plan des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon, sechs große Siedlungsblöcke im Westjordanland zu annektieren und das international anerkannte Rückkehrrecht der Palästinenser zurückzuweisen, erfolgt im Gegenzug zu Scharons Aufgabe der meisten Siedlungen im Gaza-Streifen. Sie ist eine schwere Niederlage für die Menschenrechte der Palästinenser und das internationale Recht sowie eine enorme Konsolidierung des Bündnisses zwischen Israel und den USA.

Seit 1967 haben die USA die illegalen israelischen Siedlungen stillschweigend akzeptiert und noch nicht einmal etwas unternommen, um ein Ende der Besatzung zu fördern. Dennoch stellt Bushs Position einen scharfen Bruch mit der langjährigen Haltung dar, eine Verhandlungslösung zu unterstützen. Schärfer noch: Sie stellt einen Bruch dar mit Bushs eigener Behauptung – wie unaufrichtig auch immer sie gewesen sein mag –, eine Zweistaatenlösung anzustreben.

In seiner Ablehnung des Rückkehrrechts und seiner Akzeptanz der dauerhaften israelischen Besatzung schließt Bush die Möglichkeit aus, eine ernsthafte und umfassende Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu erreichen. Der „neue Status quo“ einer von den USA anerkannten dauerhaften israelischen Besatzung, keinem Rückkehrrecht und keinem lebensfähigen palästinensischen Staat wird die Rahmenbedingungen für die nächste, zeitlich nicht begrenzte Periode setzen. Dabei wird die Möglichkeit jedweder Veränderung von der Feststellung einer künftigen israelischen Regierung abhängen, dass sie einen neuen, „akzeptablen“ palästinensischen Verhandlungspartner gefunden hat.

Mit der Position der Vereinigten Staaten kehrt die Nahostdiplomatie zurück zu den Zeiten vor 1991, wo die Palästinenser von allen Verhandlungen ausgeschlossen waren. Israelisch-amerikanische Verhandlungen treten an die Stelle von israelisch-palästinensischen Gesprächen, wobei es den USA freisteht, den Palästinensern Land und Rechte zu gewähren. Ein juristischer Berater der PLO formulierte das gegenüber der New York Times so: „Stellen Sie sich vor, die Palästinenser sagen: ‚In Ordnung, wir geben Kalifornien an Kanada.‘ Die Amerikaner sollten aufhören, sich zu wundern, warum sie im Nahen Osten so wenig glaubwürdig sind.“

Indem Bush Israel auffordert, die Apartheid-Mauer zu einer „Sicherheitsgrenze“ und nicht einer „politischen Grenze“ zu machen, hat er klargestellt, dass er nicht die Absicht hat, Israel für die Verletzungen internationalen Rechts durch die Mauer verantwortlich zu machen. Die Tatsache, dass die UNO-Generalversammlung die Mauer als illegal bezeichnet hat, sowie die wahrscheinliche Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs hinsichtlich der Folgen dieser illegalen Maßnahme wurden ignoriert.

Dies bekräftigt die Absicht der USA, internationales Recht zu verletzen, die Charta der Vereinten Nationen zu ignorieren und Resolutionen der UNO zu unterlaufen (einschließlich der viel zitierten Resolution 242, die klar „die Aneignung von Land durch Gewalt“ untersagt), um Israel diplomatischen und politischen Schutz zu gewähren. Sie verletzt sogar die Bedingungen der von den USA oktroyierten, aber international übernommenen „Roadmap“, die fordert, dass Israel in der ersten Phase alle Siedlungsaktivitäten einfrieren muss. Scharon hat jetzt ausdrücklich gesagt, dass die sechs großen Siedlungsblöcke weiter wachsen und weiter verstärkt werden sollen.

Scharons Rückzugsplan aus Gaza beinhaltet ein Ende der israelisch-palästinensischen Verhandlungen. Scharon stellte klar, dass er dessen Ergebnisse als Teil einer „langfristigen Interimslösung“ sieht, bei der die israelische Besatzung praktisch ewig aufrechterhalten wird, ohne je die Phase der „Endstatusverhandlungen“ zu erreichen. Das zeigt das immense Machtgefälle zwischen Besetzten und Besatzern. Für Israel ist ein Ende des palästinensischen Widerstandes alles, was notwendig ist, um die gegenwärtige Lage langfristig vollkommen akzeptabel zu machen. Für die Palästinenser bedeutet ein Ende der Gewalt, dass sie nach wie vor keinen Staat haben, in isolierten und zurechtgestutzten Bantustans leben, von einander abgeschnitten und umgeben von israelischen Mauern, Truppen und Gebieten. PHYLLIS BENNIS