Blechschilder überm Bretterzaun

Nachbarn streiten vor Gericht: Der Vermieter der Kfz-Zulassungsstelle nimmt Miete mit Monopol-Zuschlag von seinen Schilder-Händlern und versucht, preiswerte Konkurrenz fern zu halten. Statt 18 Euro kann ein Schildermacher so 30 Euro kassieren

Bremen taz ■ „Tschüss und gute Fahrt“ steht auf einer drei Meter hohen Werbe-Tafel an der Zufahrt, die zur Zulassungsstelle in der Funkschneise führt. Das Schild sieht nett gemeint aus – aber es ist knallhart kalkuliert. Denn hinter dem Schild steht das kleine Wohnmobil von Murat Arda, bei dem es die Kfz-Schilder für 18 Euro das Doppelstück gibt. Bei den großen Schildermachern Stapelfeldt oder Tönnies kostet der Spaß 30 Euro. Zigtausend Bremer müssen jedes Jahr neue Schilder kaufen, das freundliche Schild lohnt sich also, es verdeckt den Blick auf die Konkurrenz.

Gestern trafen sich die Anwälte der beiden Schildermacher vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht. Der Vermieter von Stapelfeldt hatte die Klage eingereicht. Dass der türkische Konkurrent auf die Blechschilder weniger Gewinn aufschlägt, ist nicht verboten. Aber Arda versucht die Behinderungen zu umgehen, er verkauft über den zwei Meter hohen Bretterzaun hinweg, der sein Wohnmobil von der Straße trennt. Das darf der Schilderverkäufer Arda nicht, deutete der Vorsitzende Richter gestern seine Rechtsauffassung an, denn die Zufahrt zum Gebäude der Kfz-Zulassungsstelle ist privates Gelände der Eigentümergemeinschaft Becker, und die erlaubt den „Verkauf über die Grundstücksgrenze“ hinweg nicht.

Was hat der Vermieter davon, den Schilderhandel derart mit Bretterzäunen zu behindern? Ganz einfach: Der Vermieter verdient daran. Im Mietvertrag sichert der Vermieter „seinen“ Schildermachern den vollkommene Konkurrenzschutz auf seinem Grundstück zu, dafür gibt es einen kräftigen Aufschlag auf den Mietpreis. Schildermacher Arda hat sich nebenan eingemietet, der direkte Weg von der Zulassungsstelle zu ihm würde über Gelände der Grundstücksgemeinschaft Becker führen. Und die sucht das zu verhindern.

„Ich könnte einen Deal machen“, deutete der Anwalt der Eigentümer-Gemeinschaft an, „ich mache den Zaun auf und pro Schild bekomme ich 5 Euro.“ Das scheint der Stil zu sein, in dem im Schilder-Gewerbe gepokert wird. Materialkosten des Stücks Blech dürften nur wenige Cent sein, am Schilderhandel lässt sich also gutes Geld verdienen. Selbst die Firma Stapelfeldt bietet Kfz-Schilder ein paar Meter weiter für 24 Euro an – da gibt es einen anderen Vermieter.

Murat Arda muss seine Werbe-Tafeln, die in den „Luftraum“ des Grundstückes Becker hineinragen, entfernen, meinte der Richter. Er müsse hinnehmen, dass die Eigentümer Becker den Verkauf über ihren Bretterzaun nicht duldeten. Arda hätte gern erreicht, dass der Bretterzaun entfernt wird, wenigstens ein paar Meter davon, damit Kunden nicht 150 Meter Umweg gehen müssen, um zu ihm zu kommen. Aber da war der Vertreter der Eigentümer hart: Das gerade sei der Sinn des Bretterzaunes.

Im Sommer wird die Zulassungsstelle umziehen in die Stresemannstraße. Dort soll dann Schluss sein mit der gewinnbringenden Vermieterherrlichkeit – für alle Schilderhändler soll es dieselben Bedingungen geben. Wenn es kein neues Kartell gibt, müssten dann die Bleche für alle Kfz-Besitzer deutlich preiswerter werden. kawe