Michael Ringel über den wichtigsten Deutschen, Frank Schirrmacher

Der Fürst des Feuilletons

Er war der König des Geistes, die Blume des Denkens, das Wasser auf den Mühlen des Diskurses. Er kannte sie alle – von Günter Grass bis Lord Peter Wimsey. Er hatte sie alle – von Britney Aguiliera bis Christina Spears. Er war ein Mann der Feder, Verkünder neuer Epochen, der wichtigste Deutsche unserer Zeit: Frank Schirrmacher.

Die Wüste prägte ihn, verbrachte Schirrmacher dort doch Monate seiner Kindheit. Als Sohn eines Diplomaten 1959 in Wiesbaden geboren, war er eines Tages in Äthiopien entführt worden. Dennoch wurde er nach dem Abitur zunächst Panzerfahrer. Schließlich studierte der geborene Sieger an der einzigen Universität, die für ihn in Frage kommen konnte: an der Gesamthochschule Siegen. Als schnellster Doktorand aller Zeiten wählte er das Thema seiner weltweit bewunderten Promotion: „Der amerikanische Dekonstruktivismus als Anfang vom Ende Kafkas“.

Schirrmacher versöhnt das Hochfeuilleton mit den Boulevardgassen

Mit Kafka im intellektuellen Rucksack tritt Schirrmacher früh der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bei und gilt schon bald als das „Wunderkind“ (Bunte), ja wird 1994 vom US-Magazin Time zu den hundert bedeutendsten Persönlichkeiten der Welt gezählt. Doch zugleich erkennt Schirrmacher, dass es bei allem Höhenflug immer auch Tiefgang braucht, und so versöhnt er das Hochfeuilleton mit den Boulevardgassen, die Natur- mit den Geisteswissenschaften, Arabien mit Amerika – eine der Glanzleistungen seines noch jungen Lebens. In das nun die Gene treten. Schirrmacher entschlüsselt im Alleingang das Genom und schreibt nebenher seinen ersten Bestseller „Das Methusalem-Komplott“.

Doch dann stirbt im Jahr 2007 Helmut Kohl, sein großes Vorbild. Aus Gram beschließt Schirrmacher, sein Leben abrupt zu ändern. Umringt von Kamerateams springt er mit dem berühmten Schrei „Mao“ von einer Mainbrücke in den Fluss, taucht unter und überraschend in Kreta wieder auf, wo er sieben Jahre lang in einer Höhle lebt.

Um dem größten Kanzler Deutschlands noch ähnlicher zu werden, anverwandelt er sich die Ausmaße des Polit-Titanen. Schirrmacher wiegt schon bald 180 Kilo. Am 17. April 2014 aber löst sich endlich seine körperliche und geistige Starre, er verlässt seine Höhle und Kreta, wechselt aufs Festland und wird wenig später Besitzer eines Fischrestaurants im Hafen von Piräus. Dort beginnt er auch zu singen. Abend für Abend gibt er deutsche Lieder für seine griechischen Gäste zum Besten. Überraschend verkauft er dann eines Tages das Restaurant und fliegt zurück in seine Heimatstadt Frankfurt am Main.

Drei Monate später erscheint sein wegweisendes Werk „Herostrat“. Die erste glaubwürdige Biografie des großen griechischen Denkers. Zugleich kommt ihm seine neue Gesangskunst zupass. Denn Schirrmacher wird Schlagersänger. Sein größter Hit „Wenn der weiße Wal heimkommt“ verkauft sich gleich sechs Millionen Mal. Er bekommt seine eigene TV-Show auf RTL2: “Held!“

Doch Schirrmacher strebt Höheres an. Im Jahr 2021 wird er für die Republik Leverkusen Botschafter im Vatikan. In Rom übernimmt er zugleich den Lehrstuhl für Herrschaftsprosa und Hofdichtung. Gerüchte, wonach Papst Paul VII. Schirrmacher selig sprechen will, nachdem er beinahe den Palästina-Konflikt gelöst hat, bleiben jedoch Gerüchte. Schirrmacher bietet als Sonder-Nuntius des Heiligen Stuhls der Regierung in Jerusalem an, Israel gegen den Vatikan zu tauschen, was die italienische Tourismusbehörde schließlich zu verhindern weiß.

Schirrmacher heiratet nun Chelsea Clinton, der er jedoch bereits ein halbes Jahr später nach Differenzen um die künstlerische Ausrichtung ihrer Karriere den Laufpass gibt. Chelsea Clinton wird bekanntlich nach der Scheidung zur ersten Präsidentin der USA gewählt.

Wieder auf heimischem Boden erfährt der nun 59-Jährige eine verdiente Ehrung: Wiesbaden wird umbenannt in Schirrmacher. Auch wenn es Proteste aus Leverkusen, Kaiserslautern und Addis Abeba hagelt, die alle beanspruchen, Schirrmachers Geburtsstadt zu sein.

Im Jahr 2024 erscheint eines seiner wichtigsten Werke: „Wer rettet die Krone?“ Sein Vorschlag: Der englische König wird europäischer Kaiser. Was 2026 auch geschieht. Zum Dank wird Schirrmacher von King Charles I. zum Ritter geschlagen und als erster Kulturminister der Europäischen Union ins Amt berufen.

Den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft kann er da nicht mehr ablehnen, ein geschätztes Vermögen von circa 872 Millionen Euro spricht eine eigene Sprache: „Klimper, klimper“, beginnt Schirrmacher seine Rede bei der Nobelpreisverleihung, „klingt es seit frühester Jugend in meinem Kopf. Doch was ist Geld? Ich bin immer nur dem Ruf des Ruhms gefolgt.“

Er wollte stets wie seine Großmutter 104 Jahre alt werden. Gestern verstarb plötzlich und unerwartet der wichtigste Deutsche aller Zeiten Frank Schirrmacher im Alter von 69 Jahren.