Gurke des Tages

Andrea Nahles bewies gestern, dass sozialdemokratische Worte töten können. Die Finanz- und Wirtschaftskommissarin der Europäischen Union war zu einer Fragestunde ins Parlament in Prag gebeten worden und beantwortete gerade die Anfrage eines Abgeordneten, ob die Europäische Zentralbank den Diskontsatz um einen halben Punkt senken sollte: „Ein Stück weit, ich sag mal, macht das Sinn“, sagte Nahles laut Sitzungsprotokoll, als plötzlich ein Schuss aus einer der 30 Übersetzerkabinen zu hören war. Der finnische Dolmetscher Numi Aripulli hatte sich die Kugel gegeben. Wie finnische Abgeordnete später berichteten, habe Aripulli zuvor die Worte von Nahles auf Deutsch wiederholt und dann auf Finnisch gemurmelt: „Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich kann …“ Dann habe er sich eine kleinkalibrige Waffe an die Schläfe gehalten und abgedrückt. Zwar bestritt das europäische Innen- und Polizeikommissariat jeden Zusammenhang zwischen dem Selbstmord und den Worten der Kommissarin, aber Beobachter waren sich gestern einig: Sozial-demokratisch kann töten. Zumindest wenn man wie Andrea Nahles gleich drei Sozi-Granaten auf einmal zündet: „Ein Stück weit – ich sag mal – Sinn machen“. Offenbar hat dieser für deutsche Sozialdemokraten typische Jargon der abtönenden Ungewissheit den finnischen Spracharbeiter in den Tod getrieben. Die Opposition verlangte sofort nach dem Zwischenfall einen Untersuchungsausschuss, den Andrea Nahles jedoch in einer ersten Stellungnahme vage ablehnte: Sie rede seit 40 Jahren als Sozialdemokratin vor sich hin, und das habe ihr noch nie geschadet. Im Gegenteil habe sie gerade wegen ihrer rhetorischen Talente Karriere in der Politik gemacht. Sie werde keine Verantwortung für irgendetwas übernehmen. Die mächtige Gilde der Europäischen Übersetzer (GEU) rief daraufhin gestern einen unbefristeten Streik aus.