Blair und Bush beraten neue Irak-Pläne

Vereinte Nationen legen Konzept für eine Übergangsregierung im Irak und Wahlen im Januar 2005 vor. US-Außenminister Powell begrüßt dies. Der britische Premier muss wohl oder übel internationale Kritik an Bushs Nahost-Schwenk vertreten

Der britische Premierminister Tony Blair hat gestern vor seinem Treffen mit US-Präsident George W. Bush bekräftigt, dass eine demokratische Regierung im Irak das wichtigste gemeinsame Ziel sei. Auch die unterschiedlichen Haltungen beider Regierungen zur Lösung des Nahostkonflikts waren Thema der Gespräche. Blair versuchte bei dem Treffen mit Bush, eine eigene Rolle auf dem internationalen Parkett zurückzugewinnen und die Kritik der Europäer an dem unerwarteten Schwenk Bushs im Nahostkonflikt zu vertreten. Blair bestritt allerdings, dass damit der „Roadmap“ genannte internationale Friedensplan hinfällig sei.

Blair sagte nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Kofi Annan in New York, er befürworte eine stärkere Einbindung der Vereinten Nationen bei der Lösung der Probleme im Irak. Vor der geplanten Übergabe der Souveränität im Irak am 30. Juni dieses Jahres sei eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrats notwendig. Durch sie sollen andere Staaten veranlasst werden, Truppen in den Irak zu entsenden und so die militärische Last der Vereinigten Staaten und Großbritanniens zu lindern. Bisher sind 60 Briten und fast 700 US-amerikanische Soldaten im Irak gefallen.

Die US-Regierung hat den Plan des UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi begrüßt, den irakischen Regierungsrat durch eine Übergangsregierung zu ersetzen und dieser nach dem 1. Juli die Verantwortung zu übergeben. US-Außenminister Colin Powell sprach von einem „einwandfreien“ Vorschlag.

Brahimi erläuterte in Bagdad, eine solche vorläufige Regierung sollte von einem Premierminister, einem Präsidenten und zwei Vizepräsidenten angeführt werden. Im Juli solle dann eine beratende Versammlung gewählt werden, die dieser Regierung zur Seite stehe. Zwei Drittel der irakischen Zivilvertreter, die er bei seinem Besuch im Irak getroffen hatte, unterstützten diesen Plan, sagte Brahimi der UNO-Nachrichtenagentur Irin. Erstmals bestätigte Lakhdar Brahimi den Januar 2005 als Datum für allgemeine Wahlen. Ein Team der Vereinten Nationen sei bereits in Bagdad zur Vorbereitung der Wahlen eingetroffen. Eine deutliche Verbesserung der Sicherheitslage sei allerdings Voraussetzung für deren Abhaltung.

Colin Powell sagte in Washington, vor einer Umsetzung des Brahimi-Plans seien noch weitere Beratungen mit den Vereinten Nationen und anderen Parteien erforderlich. Wie die Zeitung New York Times am Freitag berichtete, hat die US-Regierung aber die im Brahimi-Plan festgelegten Einzelheiten für den Machttransfer bereits akzeptiert.

Derweil hält die Kritik am Kurswechsel Washingtons in der Nahostpolitik an. Die Vereinten Nationen und die Europäische Union forderten eine Einbeziehung der Palästinenser in alle strittigen Fragen. Die EU-Kommission kritisierte den Schulterschluss von Bush und Israels Ministerpräsident Ariel Scharon am Donnerstag als Abkehr vom internationalen Friedensplan. Frankreichs Präsident Jacques Chirac nannte Scharons Vorhaben, Gebiete der Westbank mit großen israelischen Siedlungen zu annektieren, „gefährlich“.

Der ehemalige britische Außenminister Robin Cook forderte Blair auf, Bush „offen zu sagen, dass er falsch liegt“. Das Treffen sei die wichtigste diplomatische Begegnung in Blairs gesamter Karriere, schrieb Cook in der Zeitung The Independent, die ihm dafür die gesamte Titelseite zur Verfügung stellte. AP, DPA, TAZ