Regeln für trockene Klamotten

Immerzu regnet es beim Karneval der Kulturen. Und Wetterbeschwörer gibt es auch keine. Trotzdem besteht endlich die Hoffnung, den bösen Gewittergott zu besiegen

Regen. Immerzu reget es beim Karneval der Kulturen. Letztes Jahr, vorletztes Jahr. Vielleicht auch dieses Jahr. Jurik Müller vom Deutschen Wetterdienst in Halle glaubt das zwar nicht, er geht davon aus, dass der Pfingstsonntag „30 Grad und darüber“ zu bieten hat. Gleichzeitig warnt der Wissenschaftler auch: „Das ruft den Gewittergott auf den Plan!“ Was also, wenn doch wieder Gewitterwolken das bunte Straßenfest rund um den Blücherplatz unter Wasser setzen wollen oder gar der Umzug ins Wasser zu fallen droht?

Obwohl der Karneval der Kulturen über 4.000 Künstler aus mehr als 80 Ländern versammelt, muss Anett Szabó vom Organisationsbüro eingestehen: „Leider, leider haben wir keine Schamanen im Umzug“, von denen es heißt, dass sie mit den Regengeistern in Verbindung stehen. Und Wetterbeschwörer gibt es gleich gar nicht, wie Szabó feststellt. „Das hat das letzte Jahr gezeigt.“

Aber noch hat der Gewittergott nicht gewonnen. Noch besteht Hoffnung auf trockene Klamotten. Wetterexperte Jurik Müller rät, sich erst einmal der Bauernregeln zu bedienen um festzustellen, ob atmosphärisches Ungemach droht. Immerhin sei Pfingsten die Zeit des heidnischen Regenzaubers und es gebe auch hierzulande viele Weisheiten, die einem zur Wettervorhersage dienlich sein können. Da gibt es sehr absurde („Wenn Steine und Äxte beginnen zu schwitzen, wirst du nicht lang mehr im Sonnenschein sitzen“) und durchaus auch nahe liegende Regeln („Wenn das Gänseblümchen seinen Blütenkorb geschlossen hält, wartet es sicher auf das Regenfeld“).

Aber wenn das Regenfeld kommt, dann weiß auch Müller nicht mehr viel zu tun. Einzig von Johanniskraut kann er berichten, dass hätten sich die Bürger eines kleinen Dorfes in Sachsen-Anhalt einmal in die Türstöcke gehängt und sogleich seien Blitz und Donner fortgezogen.

Wenn der Geist nicht hilft, dann die Chemie. Die Russen zeigen, wie es geht: Ob bei den Feiern zum 1. Mai oder vor einigen Tagen zur 300-Jahr-Feier von St. Petersburg – wenn gutes Wetter gefordert ist, steigen die MiGs geradewegs in die Schlechtwetterfront. Dort impfen die Düsenjäger den wolkenverhangenen Himmel mit Trockeneis oder Silberjodid. Wenn die dunklen Wolken rechtzeitig erreicht werden, dann besteht gute Hoffnung, dass die feuchte Luft vor den Feierlichkeiten abregnet.

Auch die Österreicher fliegen mit der Chemiekeule ins schlechte Wetter. Ihr Ziel ist die Hagelabwehr, die nach demselben Prinzip funktioniert. Natürlich sind bei ihnen die Flugzeuge etwas kleiner. So fliegt etwa die Firma „Hail Air“ aus der Steiermark mit der einmotorigen Cessna 182 Einsätze.

Pilot Josef Harer „will aber gar nicht daran denken“, das Fluggerät zur Abwehr von Berliner Regen einzusetzen: „Bei uns gibt es doch so wenig Regen.“ Außerdem seien sie tagtäglich in Österreich unterwegs und selbst das halte das schlechte Wetter nicht immer ab: „Die Natur ist eben doch kräftiger als der Mensch!“

MAX HÄGLER