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: Vom Heiligen Geist verlassen

Was bedeutet Pfingsten? „O Gott, mal überlegen: Weihnachten Geburt Christi, Karfreitag Tod. Und an Pfingsten feiern wir die Wiederauferstehung. Oder?“ FDP-Mann Martin Lindner liegt mit seiner falschen Antwort im Trend: Drei Viertel aller Deutschen wissen nach einer Emnid-Umfrage nicht, dass an Pfingsten die Ankunft des Heiligen Geistes gefeiert wird – nachzulesen in der Apostelgeschichte im Neuen Testament. Wie Lindner, gelegentlicher Kirchgänger, lag bei einer taz-Umfrage auch kein anderer Fraktionschef richtig. Alle räumen ein, dass der christliche Sinn von Pfingstmontag oder Christi Himmelfahrt weitgehend untergegangen ist. Am freien Tag wollen aber alle festhalten.

Die in der DDR aufgewachsene grüne Fraktionschefin Sibyll Klotz – „Ich bin eine beinharte ungetaufte Atheistin“ – mochte bei Pfingsten und Himmelfahrt „lieber gleich zugeben, dass ich nicht genau Bescheid weiß“. Was sie als Bildungslücke empfindet. Der ebenfalls ungetaufte PDS-Mann Stefan Liebich – „Ich bin nicht gläubig“ – winkte gleich ab, und SPD-Kollege Michael Müller bekannte: „Das krieg ich nicht zusammen.“ Auch CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer, katholisch und wie Protestant Lindner nach eigenen Worten gelegentlicher Kirchgänger, sah irrigerweise an Pfingsten „Jesu Heimkehr zu seinem Vater“, erinnerte sich erst im Nachklapp an den Heiligen Geist.

In Berlin sind die Christen selbst nominell mit 32 Prozent in der klaren Minderheit – bundesweit sind es 52 Prozent. Bei seiner jüngsten Zählung für 2001 fand das Statistische Landesamt unter den rund 3,4 Millionen Einwohnern 23 Prozent Protestanten und 9 Prozent Katholiken aus. Davon geht nur ein Bruchteil zum Gottesdienst: im Sonntagsdurchschnitt nur knapp 14.000 der rund 790.000 Protestanten und 36.000 der etwa 310.000 Katholiken.

Selbst Lindner von der klassischen Wirtschaftspartei FDP mag aber aus der Feiertagsunkenntnis und den wenigen Kirchgängern heraus nicht zugunsten sinkender Lohnkosten am Feiertagsstatus rütteln.

„Die Feiertage sind Haltepunkte im Jahr, an denen man zur Ruhe kommt, an denen man etwas zusammen unternimmt“, sagt Lindner. Und klingt damit wie seine Kollegen, für die Feiertage das Jahr strukturieren oder die Familie zusammenbringen. Klotz stößt sich zwar an den Saufexzessen unter dem Deckmantel „Vatertag“ zu Christi Himmelfahrt. „Das ist für mich aber kein Grund, den Feiertag abzuschaffen.“ Dazu sollte man sich auch von der wirtschaftlichen Misere nicht bringen lassen, sagte SPD-Mann Müller.

Wenn es nur um Fixpunkte geht, wieso dann nicht ersatzweise rein staatliche Feiertage, etwa zum Jahrestag der Grundgesetzverkündung am 23. Mai? In der Antwort sagen Zimmer und Liebich unisono: „Da würden wohl noch weniger Leute Bescheid wissen als bei Pfingsten.“

STEFAN ALBERTI