Happy together

Weil wir wortlos einverstanden sind: Im Knaack konnte man sehr wohlig in Amp Fiddlers Neo-Soul versinken

Um den hohen Vitamingehalt von Valensina zu verdeutlichen, wurden in der Werbung knallgelb leuchtende Orangen wie durch Zauberhand in die Saftpackung gepresst. Das sah lecker aus und hat sich als Bild zum Geschmack eine Zeit lang ziemlich gut bei den Konsumenten eingeprägt. Immerhin war der Saft ein großer Hit Ende der Achtzigerjahre. Mit der Musik von Amp Fiddler verhält es sich ähnlich wie mit dem Versprechen süßer Früchte: Takt für Takt kann man genau zuhören, wie der Bass allmählich die Lücken im Schlagzeugbeat auffüllt; man kann Amp Fiddler und seinem Begleitkeyboarder auf die Finger sehen, wie sie lässig ein paar Akkorde über den Rhythmus tupfen; und man spürt in der zweiten Reihe vor der Bühne noch den Sog, wenn seine beiden Backingsängerinnen tief Luft holen. Aber warum diese spärlich eingesetzten Elemente sich plötzlich mit Wucht zu einem Soundschwall ergänzen, in den man wie in ein wohlig warm aufgeschäumtes Vollbad eintaucht, das bleibt auch nach einer kurzen Stunde im Knaack-Club ein Rätsel.

Offenbar liegt der Reiz des Neo-Soul, wie ihn Fiddler mit seiner Low-Tech-Miniaturbesetzung schwingen lässt, in der Reduktion. So konnte schon Al Green in den Siebzigerjahren seine Songs live auf wenige Groove-Splitter herunterfahren, ohne dass es löcherig geklungen hätte. Statt dessen war jede Aussparung der Melodie eine Steigerung der Konzentration, die Stille vor dem Aufbruch in neue Ekstase. Schließlich sind die Momente, in denen Soul auf sein Publikum übergreift, ohnehin unteilbar und deshalb stumm.

Dieses Spiel mit dem wortlosen Einverstandensein beherrscht auch Amp Fiddler. Manchmal reicht ein kurzes Zucken in den Schultern oder ein schüchterner Wimpernschlag, bevor er mit einem umso heisereren und inständig gekiekstem „I believe in you“ die Anspannung auflöst. Das sind Augenblicke einer glücklichen Togetherness mit ein paar hundert Leuten, für die Fiddler immer neue Windungen findet. Wenn er eine Zeile wie „you play me“ vier-, fünfmal hintereinander singt, die Band den Song abbricht und er nach einer zwischen den Fingerspitzen fühlbaren Pause „just keep playing on me baby“ hinterherschiebt, dann scheint seine Stimme in jedem einzelnen Körperteil nachzubeben. Ein blonder Junge streichelt sich dabei verzückt über den kurz geschorenen Kopf. Vermutlich denkt er an das Schönste, was ihm gerade einfällt, vielleicht sogar an Valensina. HARALD FRICKE