WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE
: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Sie war die Protagonistin eines der ersten Bankenskandale in den deutschen Ländern, Adele Spitzeder, 1832 in Berlin geboren. Nachdem sie eine Weile als Schauspielerin herumgetingelt war, kam sie 1868 nach München und gründete eine Privatbank, wo sie mehr Zinsen als andere Banken versprach. Vor Kunden konnte sie sich bald nicht retten. Sogar Bauern verkauften ihre Höfe, weil sie glaubten, nicht mehr arbeiten zu müssen und allein von den Zinsen, die ihnen Adele Spitzeder versprach, leben zu können. Die lebte vom Geld ihrer Kunden fünf Jahre lang in Saus und Braus, bis der Schwindel aufflog, Adele verhaftet und 1873 wegen Betrugs zu drei Jahren Haft verurteilt wurde. Schon in den 70er Jahren schrieb Martin Sperr ein Stück über die Frau, die listig die Schwachstellen des Finanzsystems zu nutzen verstand. 1978 gewann er damit den Mülheimer Dramatikerpreis. Aus aktuellem Anlass führt das Engelbrot „Die Spitzeder“ wieder auf: Premiere ist Silvester, weshalb das Haus im Anschluss ein Kursfeuerwerk mit Live-Musik, Tanz und Verköstigung gegen Aufpreis verspricht. Wer sich dem Jammer dieser schwierigen Zeiten auf andere Weise lustvoll hingeben möchte, kann auch ins Ballhaus Naunynstraße gehen, wo der Regisseur und Filmemacher Neco Çelik mit fünf singenden Schauspielern „Gazino Arabesk“ entwickelt hat, eine gesungene Theatersoap aus dem Dickicht von Liebe, Hass, Leidenschaft und Intrige. Ab 22.30 Uhr geht dann am Mittwoch auch im Ballhaus das Theater in eine Silvesterparty über, mit Namosh, DJ Aldi Zigan, Electric Migration, Ceto und Bellydancer Cihangir. Am 1. Januar lädt der Schriftsteller und Indiepop-Musiker Peter Licht in die Volksbühne zum hier traditionellen Neujahrskonzert. Und wieder einen Tag weiter am 2. Januar fangen dann auch schon die 18. Berliner Tanztage an, womit dann das Theaterjahr 2009 definitiv begonnen hat.

„Die Spitzeder“: Engelbrot, ab Mi.

„Gazino Arabesk“: Ballhaus Naunynstraße, Di. + Mi.

Peter Licht: Volksbühne, Do.

18. Berliner Tanztage, 2.–12. Januar