Zucker für EU-Kleine

Debatte um EU-Reform bewegt sich: Giscard legt neue Vorschläge vor. Ratspräsident wird demnach zahnlos, manch Kommissar zweitklassig

BRÜSSEL taz ■ Nach der Totalblockade der kleinen Länder zur Wochenmitte ist nun wieder Bewegung in die Diskussion um die EU-Reform gekommen. Bis in die Nacht zum Freitag hatte das Präsidium des EU-Konvents um einen Kompromiss bei der Machtverteilung gerungen. Die Plenarsitzung fiel gestern aus. Stattdessen verhandelte Konventspräsident Giscard getrennt mit den Vertretern der Regierungen, den nationalen Parlamentariern und den EU-Abgeordneten.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) zeigte sich mit dem bislang erreichten Ergebnis sehr zufrieden. Die Kompetenzen zwischen der Union und den Mitgliedstaaten seien eindeutig abgegrenzt worden. Jedes deutsche Bundesland könnte künftig beim Europäischen Gerichtshof nachprüfen lassen, ob Brüssel mit einer Verordnung oder Richtlinie seinen Zuständigkeitsbereich überschritten habe.

Auch der Bundestagsabgeordnete Peter Altmaier lobte die geleistete Arbeit. „Der Konvent hat in vierzehn Monaten mehr erreicht als die Regierungschefs in den elf Jahren seit dem Maastricht-Gipfel“, sagte er. 70 Prozent der Anliegen von CDU und CSU aber nur 20 Prozent der Humboldt-Rede von Außenminister Fischer seien in den Entwurf eingeflossen.

Das Präsidium versucht mit seinem neuen Kompromissvorschlag zur Machtverteilung die kleinen Länder zu besänftigen. Bis 2009 bleibt alles, wie es jetzt geregelt ist. Dann erst tritt die neue Verfassung in Kraft. Der Ratspräsident darf ohne eigenen Mitarbeiterstab nur noch die Gipfel leiten. Der Allgemeine Rat soll in zwei Funktionen zusammentreten – als Gesetzgebungsorgan öffentlich und als Exekutivorgan hinter verschlossenen Türen. Sein Vorsitz wechselt jährlich, wie auch die Leitung der Fachministerräte, die keine Gesetze mehr beschließen können.

Jedes Land schickt auch nach 2009 wie bisher einen eigenen Kommissar nach Brüssel. Allerdings wird es nur fünfzehn Kommissare mit Stimmrecht, eigenem Zuständigkeitsbereich und Budget geben. Die Übrigen sitzen nur als Staffage mit am Kommissionstisch. Der Kompromiss ist so irrsinnig, dass er gute Chancen hat, sich durchzusetzen. Zwar stehen im Kleingedruckten des Entwurfs viele Details, die Europa tatsächlich voranbringen werden. Aber in den wichtigen Fragen der Machtverteilung wird die Lage womöglich noch komplizierter als jetzt. Bevor das Werk 2009 zum Leben erwacht, ist sicher bereits die nächste Reformrunde fällig.

DANIELA WEINGÄRTNER