Altersweise Freidemokraten

Nach der SPD muss jetzt die FDP linke Abspalter fürchten. Liberale gründeten eine Rentnerpartei. Ortsvereine in Essen und Mülheim sollen Anfang einer bundesweiten Protestbewegung sein

VON MARTIN TEIGELER

Im Ruhrgebiet haben FDP-Mitglieder aus Enttäuschung über die seniorenfeindliche Politik der Liberalen ihre Partei verlassen. Jetzt machen sie der FDP Konkurrenz und sind dabei, eine bundesweite Rentnerpartei aus dem Boden zu stampfen. „Es war in der FDP nicht möglich, für die Interessen von Rentnern und sozial Schwachen einzutreten“, sagt Hugo Thies aus Essen. Der 67-jährige Rentner hatte die Idee für die Rentner- und Familienpartei (RFP). Nach Ortsvereinsgründungen in Essen und Mülheim wollen sich die Ex-Liberalen bald bundesweit ausdehnen.

Jahrelang war Thies Mitglied der FDP. Für die Liberalen saß der Essener sogar im Landesausschuss Senioren. Doch jetzt hat Thies genug von der unsozialen Politik der Freidemokraten. „Ich bin da gegen Wände gelaufen“, sagt Thies enttäuscht. Immer wenn er die schwierige Lage vieler Senioren angesprochen habe, sei er in den FDP-Gremien auf Desinteresse und Ablehnung gestoßen. „Die sagten immer nur ‚Ja,ja,ja‘, gemacht wurde nichts.“ Thies ist sauer, dass die Liberalen in der Gesundheits- und Rentenpolitik für noch härtere Kürzungen eintreten als die Bundesregierung. „Die FDP will eine Partei für alle sein, doch sie ist wirklich nur die Partei der Besserverdienenden“, klagt Thies. Als er Parteichef Guido Westerwelle einmal persönlich auf die soziale Schieflage der FDP ansprach, habe der nur verständnislos reagiert.

Im Bundestagswahlkampf 2002 machte Thies für die Essener FDP noch „Sozialpolitik zum Anfassen“. Der damals engagierte Liberale führte gemeinsam mit Parteifreund Torsten Gentele eine erfolgreiche Altkleidersammlung für bedürftige Alte durch. Wie Thies ist auch Gentele aus der FDP ausgetreten und macht jetzt bei der Rentnerpartei mit. Bis jetzt hat die Senioren-Protestbewegung seit ihrer Gründung am Ostermontag rund 100 Mitglieder gewonnen. „Hunderte Leute haben Mitgliedsanträge mit nach Hause genommen“, hofft Thies auf einen guten Start seiner Partei. Essens FDP-Chef Ralf Witzel sieht in der Abspaltung keine Gefahr. „Das ist doch ganz normal, dass ab und zu Leute ihre politische Meinung ändern“, sagt der Landtagsabgeordnete. Bei 450 Mitgliedern könne Essens FDP einige wenige Austritte verkraften.

Nach Essen hat auch Mülheim bereits einen lokalen Ableger der Rentnerpartei. „Ich bin ein einfacher Mann und wir machen Politik für einfache Menschen“, fasst Wolfgang Benn den Grundansatz der RFP zusammen. Der Mülheimer Rentner will mit seinen Gesinnungsgenossen bei der Kommunalwahl in der Stadt am Fluss antreten. „Ab Samstag machen wir täglich einen Infostand in der Innenstadt“, sagt Benn.

Inhaltlich hat die RFP noch viel Arbeit vor sich. „Der anhaltende Abbau sozialer Leistungen ist nicht mehr zu ertragen“, heißt es sehr grundsätzlich im Gründungsaufruf. Hugo Thies gibt der RFP Zeit: „Von der kommunalen Ebene aus wollen wir immer stärker werden.“ Seine Schätzung: 2005 und 2006 werde man wohl zu den Landtags- und Bundestagswahlen antreten.