Wirtschaftsweise suchen Ausbildungsplätze

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsinstitute sind uneins über den Sinn der umstrittenen Ausbildungsplatzabgabe. Unternehmerverbände unterstützen den Widerstand der Landes-SPD gegen die Umlagepläne

RUHR taz ■ Wirtschaftsexperten aus der Region kritisieren den Gesetzesentwurf der rot-grünen Bundesregierung zur Ausbildungsplatzabgabe. Uneins ist man sich jedoch darüber, ob eine Umlage generell abzulehnen ist oder ob lediglich die jetzige Form des Gesetzes verbessert werden sollte.

„Ich halte die Abgabe für einen Fehler“, sagt Thomas Bauer, Vorstandsmitglied des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. Der bürokratische Aufwand sei zu groß, zudem fehle der moralische Anreiz zur Ausbildung. „Es ist für die Unternehmen billiger, sich freizukaufen, und das werden viele tun“, sagt er. Freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft hält er allerdings auch allenfalls für eine kurzfristige Lösung: Vielmehr müsse man auch das Angebot auf dem Lehrstellenmarkt stärken, also die Jugendlichen besser auf den Eintritt in die betriebliche Ausbildung vorbereiten – das sei Aufgabe der Schulen. „Wir müssen das Prinzip der dualen Ausbildung überprüfen“, fordert Bauer. Lehrlinge seien zu sehr spezialisiert und zu wenig mobil. „Uns muss klar werden, dass man in Zukunft nicht mehr sein Leben lang denselben Beruf ausüben wird,“ sagt er.

Auch Gerhard Bosch, Vizepräsident des Gelsenkirchener Instituts für Arbeit und Technik (IAT) übt Kritik am Gesetzesentwurf. „Das Prinzip ist zu sehr das von Belohnung und Strafe“, sagt er. Zudem sei es ein Fehler, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob man die Abgabe erhebe. „Dann hat man jedes Mal eine Grundsatzdebatte.“ Generell hält Bosch jedoch eine Umlage für sinnvoll, da freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft nicht mehr Erfolg versprechend seien. Der moralische Druck zur Ausbildung durch die Wirtschaftsverbände sei so schwach geworden, dass sich an solche Erklärungen nicht mehr genügend Unternehmen halten würden. „Das ist die wirkliche Achillesferse des dualen Systems“, findet Bosch.

Er schlägt vor, sich am Modell Dänemarks zu orientieren, wo Unternehmen jährlicheinen Pflichtbeitrag in einen Ausbildungsfonds zahlen, von dem die Unternehmen profitieren, die ausbilden. „Das schafft ökonomische Anreize, ist gerecht und die Unternehmen können damit kalkulieren“, sagt Bosch. Durch diese Organisation wäre auch der Widerstand der Unternehmen zu brechen, glaubt er. „Die sind dann gespalten in die, die ausbilden, und die die es nicht tun.“

In Nordrhein-Westfalen stellen sich die Wirtschaftsverbände bislang geschlossen gegen die Abgabepläne. „Das ist eine zusätzliche Belastung und hilft dem Ausbildungsmarkt nicht“, sagt Andreas Oehme vom Westdeutschen Handwerkskammertag. Michael Vornweg, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Nord Westfalen sieht in den Abgabeplänen „keinen guten Weg.“ Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) in NRW bezeichnete die geplante Abgabe als „kontraproduktiv“ und forderte NRW-Ministerpräsident Steinbrück (SPD) auf, sich weiterhin gegen die Abgabe einzusetzen. So könne er Glaubwürdigkeit bei den Unternehmen zurückgewinnen, heißt es.

Die Gewerkschaften wollen weiter an der Abgabe festhalten: „Wir hoffen sehr, dass das kommt“, sagt DGB-Sprecherin Sigrid Wolf. Von der Landesregierung fühle man sich durch die Ablehnung nicht verschaukelt. „Die haben ihre klare Position, wir haben unsere.“

KLAUS JANSEN