Gesundheitstipps in 40 Sprachen

Die Stadt Köln stellt einen aktualisierten „Gesundheitswegweiser für Migrantinnen und Migranten“ sowie Hinweise zur Vermeidung von Kinderunfällen im Haushalt vor

KÖLN taz ■ Steckdosen verschließen, Treppen durch Gitter sichern, Medikamente immer außer Reichweite aufbewahren: Seit fünf Jahren geben die – meist von Kinderärzten verteilten –Merkblätter „Kinderunfälle“ sehr differenziert und übersichtlich Tipps, wie Eltern ihren Haushalt ohne allzu viel Aufwand kindersicher machen können. Allerdings in der Regel nur in deutscher Sprache.

Die Kommunale Gesundheitskonferenz Köln unter Führung des Gesundheitsamtes sorgte dafür, dass sie jetzt erstmals in andere „Verkehrssprachen“ übersetzt wurden: in Türkisch, Russisch und Kroatisch. Sie erscheinen in einer Auflage von je 1.000 Exemplaren. Demnächst gibt es sie auch im Internet. Und wenn sich auch Ärzte außerhalb Kölns diese Informationen zur Weiterverbreitung herunterladen, wäre das Kölns Gesundheitsdezernentin Ursula Christiansen nur recht. Rund 6.000 Euro kostete die Herstellung, die US-Organisation „Safe-Kids-Worldwide“ steuerte fast die Hälfte des Betrages bei.

Laut Statistik verunglücken bundesweit jährlich rund 315.000 Kinder beim Spielen draußen, 256.000 zu Hause – mehr als im Straßenverkehr (215.000). Differenziertere Zahlen liegen kaum vor. So weiß Martina Abel von der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder e.V.“: Migrantenkinder verunglücken doppelt so oft auf der Straße wie deutsche, und türkische Jungen erleiden drei Mal häufiger Verbrühungen und Verbrennungen wie deutsche.

Als möglichen Grund dafür nennt der Psychologe Ali Kemal Gün die zweiteiligen Teekocher, die in türkischen Haushalten üblich seien, und den Erziehungsstil, der Jungen erheblich mehr Freiheiten lasse als Mädchen. In Köln leben rund 90.000 Kinder mit türkischem, 13.000 mit ex-jugoslawischem, 20.000 mit italienischem und 9.000 mit russischem Migrationshintergrund.

In der inzwischen 5. aktualisierten Auflage erschienen ist der „Kölner Gesundheitswegweiser für Migrantinnen und Migranten“ doppelt so dick wie die Erstausgabe aus dem Jahr 1995. Er listet – sowohl nach Sprache als auch nach Fachrichtung – vor allem niedergelassene fremdsprachige Ärzte, aber auch Klinikärzte auf: Die 40 Sprachen reichen von Afghanisch über Englisch und Paschtu bis zu Vietnamesisch. Neu aufgenommen wurden die Adressen von Beratungsstellen, fremdsprachigen Selbsthilfegruppen, Tageskliniken und – dies wurde aus Hamburg übernommen – bundesweiten Ansprechpartnern.

„Die Angebotsstruktur hat sich verbessert, reicht aber nicht aus“, bilanziert Gün von der „Arbeitsgruppe Migration und Gesundheit“, die verantwortlich für den Wegweiser ist. „Katastrophal“ sei allerdings mit nur vier Adressen die Lage bei Türkisch sprechenden Psychotherapeuten. Vor neun Jahren seien es noch 25 Therapeuten gewesen. Gün, selber Psychologe an der Rheinischen Klinik Köln, kritisiert in diesem Zusammenhang die Kassenärztliche Vereinigung, die einer psychologischen Psychotherapeutin die Verlängerung der Zulassung mit der Begründung verweigert habe, der Bedarf sei gedeckt. „In Köln und Umland leben 120.000 Menschen, deren Muttersprache Türkisch ist“, hält er dagegen.

Jürgen Schön