karneval der kulturen
: Die Tragik eines Mottos

„Let the sun shine“ – noch am späten Nachmittag des Pfingstsonntags schien es, als hätte das diesjährige Motto des Karnevals der Kulturen ganz im Sinne einer Beschwörungsformel Erfolg gehabt. Nach all den Jahren, in denen Berlins Multikultievent ins Wasser gefallen war, schien endlich, endlich die Sonne. Heiß war es und die Stimmung ausgelassen. 700.000 feierten das größte Straßenfest der Hauptstadt.

Kommentar von UWE RADA

Doch dann kam das, von dem es später hieß, es habe den Karneval überschattet. Sturm zog auf, eine Windböe warf ein Gerüst um, das drei Menschen unter sich begrub. Alle drei mussten schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert werden.

Wie also wird dieser Karneval – nach den verregneten zuvor – in die Geschichte eingehen. Als Karneval der Katastrophe? Und: Welches Motto wird man im nächsten Jahr wählen (dürfen)?

Zunächst einmal stehen solche Fragen nicht im Vordergrund. Am Sonntagabend, gestern und auch in den nächsten Tagen und Wochen ging und geht es ganz um das Unglück und seine Opfer. In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung der Veranstalter und des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, den Karneval der Kulturen abzubrechen, die einzig richtige gewesen. Alles andere hätte bedeutet, dass auch im Berliner Alternativ- und Multikultimilieu die im Grunde menschenverachtende Doktrin der Show gilt, die weitergehen muss.

Was nun ansteht, ist die Klärung der Ursachen. War das Gerüst genügend gesichert? War der Notfallplan realistisch? Waren Polizei und Feuerwehr zu spät, und wenn ja – warum?

Eine rückhaltlose Aufklärung dieser Fragen ist nicht nur der einzige Trost, den es für die Opfer und ihre Angehörigen geben kann. Er gibt den Veranstaltern und Akteuren des Karnevals auch die Möglichkeit, im nächsten Jahr weiterzumachen. Dann allerdings ohne Motto und Schönwettermacherei.