unterm strich
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Das, was wir im Herbst lesen sollen, präsentieren unsere Literaturverlage in hübschen, oft recht aufwändig gemachten Katalogen. Diese Kataloge sind jetzt raus – eine oft Appetit anregende, oft aber auch lustige Lektüre. Manchmal sind dort auch hübsche Gemeinheiten zu finden (lobende Kritikerworte, die sorgfältig aus dem Zusammenhang eines Verrisses herausgerissen wurden, und Ähnliches).

Die hübscheste und hintergründigste aller hübschen Gemeinheiten bietet nun aber der Suhrkamp Verlag. Den neuen Roman Martin Walsers, „Meßmers Reisen“ (übrigens nicht nach unserer Kollegin Susanne Messmer benannt), preist er mit einem warmen Zitat Hellmuth Karaseks an: „Ich kann mich an kein Buch erinnern, dessen schmerzlich tröstliche Erkenntnisse, dessen in blendenden Formulierungen gemilderten Melancholien so radikal aus dem Widerspruch erwachsen. Widerspruch wozu? Zu sich selbst.“ So dichtete Karasek zum Vorläufer-Buch „Meßmers Gedanken“. Das Gemeine und Hintergründige daran: Im vergangenen Jahr war Hellmuth Karasek einer der schärfsten Kritiker Walsers in der Schirrmacher-FAZ-Affäre. Eine kleine Erinnerung an die ehemalige Bewunderungskunst, die inzwischen dem Willen zur Eindeutigkeit zum Opfer fiel, mit schönen Grüßen aus dem Frankfurter Verlagshaus.

Zum Tagesgeschäft: Der Vorlesewettbewerb von Klagenfurt soll in diesem Jahr noch toller werden. Es gibt erstmals beim Ingeborg-Bachmann-Preis eine Frau als Jury-Vorsitzende: Iris Radisch (deren Tätigkeitsnachweis dpa übrigens recht interessant gestaltet: „Radisch, 43, die für Die Zeit arbeitet und Sendungen im Fernsehen moderiert“; es gab mal Zeiten, da war es genug, Literaturredakteurin bei der Zeit zu sein, aber das nur nebenbei). Auch sonst ist die Jury neu besetzt: Der österreichische Schriftsteller Josef Haslinger, die Schweizerin Friederike Kretzen und die in der Slowakei geborene Ilma Rakusa sind erstmals in Klagenfurt dabei. Die Seite der Literaturkritik und -wissenschaft vertreten Daniela Strigl, Thomas Steinfeld, Norbert Miller und Ursula März. Und noch ein Originalsatz von dpa: „Einziges bekanntes Gesicht neben Radisch ist der Autor Burkhard Spinnen.“ Das war zwar anders gemeint („als Mitglied der Klagenfurt-Jury bekanntes Gesicht“, hätte es heißen sollen), wird etwa Thomas Steinfeld, immerhin Literaturchef der SZ, dennoch freuen. So ganz unbekannt ist sein Gesicht jedenfalls nicht, auch wenn er keine eigene Literatursendung moderiert.

Der Bachmann-Wettbewerb wird vom 25. bis zum 29. Juni stattfinden und wie üblich vom Sender 3sat übertragen.