KONGO: DIE EINGREIFTRUPPE VERSAGTE SCHON AM ERSTEN TAG
: Die Milizen waren klüger

Schlimmer hätte es nicht kommen können. Einen Tag nach der Landung der ersten französischen Soldaten im kongolesischen Bunia wird die Stadt wieder Kriegsschauplatz – und die Franzosen sehen zu. Eigentlich dachten die Bewohner Bunias, die Eingreiftruppe sei zum Eingreifen gekommen.

Die Kämpfe in Bunia behinderten die Stationierung der Truppe nicht, beruhigte der französische Kommandeur der Interventionstruppe. Sollte nicht die Stationierung der Truppe Kämpfe in Bunia behindern? Seit über einer Woche war bekannt, dass sich um Bunia Lendu-Milizen zusammen mit ihren kongolesischen Verbündeten sammeln, um die in der Stadt herrschende Hema-Armee zu vertreiben. Dass sie das am besten vor der kompletten Stationierung einer internationalen Truppe versuchen, war logisch. Kluge Militärplaner stellen sich auf ein solches Risiko ein, indem sie am ersten Tag gleich kampffähige Einheiten hinschicken.

Das verniedlichende internationale Gerede von einem Kongo voller drogenabhängiger Kindersoldaten scheint die Militärplaner in trügerischer Sicherheit gewogen zu haben. Dass es sich bei Kongos Milizenführern nicht um betrunkene Vollidioten handelt, sondern um taktisch äußerst versierte Warlords – wie sonst könnten sie in diesem Krieg jahrelang bestehen? – blieb außer Acht. Wenn die Lendu-Milizen Bunia angegriffen hätten, bevor die ersten Franzosen landeten, wäre das für die Interventionstruppe nur nützlich gewesen: Es hätte ihre Notwendigkeit unter Beweis gestellt. Indem die Milizen den Beginn der Stationierung abwarteten, haben sie die internationalen Truppen brillant vorgeführt und lächerlich gemacht.

Trotz ihrer Schwäche hätten die Eingreiftruppen aber wenigstens zu reagieren versuchen müssen. Entschlossenes Durchgreifen ganz am Anfang hätte ihnen auch ohne hundertprozentigen Erfolg Respekt verschafft. Entweder ist also die neue UN-Truppe genauso schwerfällig wie die alte. Oder die Franzosen sind tatsächlich nicht neutral, sondern lassen bewusst eine Kriegspartei gewähren. Beides wäre fatal. Und in beiden Fällen wäre rein logistische und medizinische Hilfe der Bundeswehr, ohne deutsche Mitwirkung an der Führung des Einsatzes, fehl am Platz. DOMINIC JOHNSON