Großer Wurf mit kleinem Stein

Die Einführung des Modellprojekts Bürokratieabbau in Ostwestfalen-Lippe ist kein großer Wurf. Allerdings gibt es Hoffnung, dass die Initiative Impulse setzt und Erleichterungen nach sich zieht

Es fehlt zwar einiges, aber das Gesetz ist trotzdem ein Erfolg, weil Politikhindernisseabgeschafft wurden

VON ELMAR KOK

Bielefeld ist seit Montag dieser Woche schon wieder ein wenig anders als der Rest Nordrhein-Westfalens. Beispielsweise dürfen dort – sowie im gesamten Regierungsbezirk Ostwestfalen Lippe (OWL) – Unternehmer ein Werbeschild für ihr Unternehmen an der Straße aufstellen. Denn im Regierungsbezirk des grünen Regierungspräsidenten Andreas Wiebe sind jetzt ein Quadratmeter Werbefläche an der Straße genehmigungsfrei.

Es gebe einige Unternehmen, die diese Möglichkeit, die das Gesetz seit Montag dieser Woche bietet, schon genutzt haben, berichtet Christoph von der Heiden, Geschäftsführer der Bielefelder Industrie- und Handelskammer. So habe in Hiddenhausen ein Schreibwarenbetrieb, der abseits des Publikumsverkehrs läge, durch das unbürokratisch aufgestellte Schild schon mehr Kunden gewinnen können, sagt von der Heiden. Dass das Gesetz nicht der große Wurf auf Anhieb ist, weiß von der Heiden. „Aus unserer Sicht fehlt da noch Einiges“, sagt er. Allerdings könne die Region mit ihren Akteuren in Ostwestfalen zeigen, dass es gut sei, wenn Politikhindernisse abgeschafft würden. „Wir können deutlich machen, dass viele Bedenken der Politiker ungerechtfertigt sind“, sagt von der Heiden.

Von 35 Vorschlägen aus Ostwestfalen-Lippe waren sieben so gut, dass sie direkt in Landesrecht umgesetzt wurden. Für den Modellversuch realisierte die Landesregierung den Ostwestfalen zwölf Gesetzesänderungen. Neben der Aufweichung der Schilderverordnung genehmigte das Land die Zusammenlegung der Staatlichen Umweltämter von Bielefeld und Minden sowie der Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz in Detmold und Paderborn mit einer Abteilung der Bezirksregierung zum Staatlichen Amt für Umwelt- und Arbeitsschutz OWL.

Zudem wurde das Verfahren für Änderungen im Gebietsentwicklungsplan abgeschafft. Früher mussten dafür Genehmigungen in den Düsseldorfer Ministerien eingeholt werden, seit Montag reicht es aus, die Änderungen nur anzuzeigen. Die Ministerien haben dann zwei Monate Zeit, gegen die Änderungen Einspruch zu erheben. Die Erleichterungen in OWL gelten für drei Jahre. In dieser Zeit dürfen weitere Vorschläge zur Entbürokratisierung des Landstriches gemacht werden. „Wir haben zur Zeit 300 auf unserer Liste“, sagt von der Heiden. Um Vorschläge auszuarbeiten, tagt regelmäßig ein Fachbeirat der Marketingagentur. Gewerkschaften und Landwirtschaftsverbände nehmen neben Vertretern der Bezirksregierung und der Gewerbetreibenden an diesen Sitzungen teil. Das Konzept soll nun fortgesetzt werden. Beispielsweise müsse es Regionen geben, in denen auch der Kündigungsschutz gelockert werde, fordert von der Heiden.

Allerdings hat die rot-grüne Landesregierung auch Bürokratie abgebaut, die die Ostwestfalen und Lipper in ihren Vorschlägen an das Land gar nicht formuliert hatten. So berichtet Gernot Bergheim von der Detmolder Bezirksregierung, dass das Benchmarking der Amts- und Landgerichte, dass in OWL jetzt erprobt wird, auf Initiative der Landesregierung in die Gesetzesbücher kam. Ebenso die Aussetzung von Widerspruchsverfahren in Umwelt- und Arbeitsschutz. Dabei hätten gerade die Widersprüche in Sachen Arbeitsschutz Gerichtsverfahren vermieden, da meist mit den Beteiligten im Konsens entschieden wurde.