Kein Geld für Aussiedler

Der Bund streicht die Förderung für ein Spätaussiedlerprogramm in Ostwestfalen. Die CDU-Fraktion fordert mehr Landes-Engagement

„Wenn der Bund nicht seiner Verpflichtung nachkommt, muss die Landesregierung selbst einspringen“

VON NATALIE WIESMANN

Im ostwestfälischen Espelkamp schließt die evangelische Stiftung Ludwig-Steil-Hof zwei von vier Internaten für jugendliche Spätaussiedler und Flüchtlingskinder. In einer Zeit, in der die angebliche Aussiedlerkriminalität ständig Schlagzeilen macht, streicht der Bund seine jährlichen Zuschüsse von 1,7 Millionen Euro für das erfolgreiche Projekt, weil der dafür zuständige Garantiefonds ausläuft.

„90 Prozent der SchulabgängerInnen bekommen einen Ausbildungsplatz oder gelangen zumindest in eine weiterbildende Maßnahme“, sagt der Vorsitzende Hans-Georg Nagel stolz. Die 300 InternatsbewohnerInnen, zu 95 Prozent Spätaussiedler, gehen in Espelkamp ein bis drei Jahre zur Schule. „Der Aufenthalt dort ist wie eine Schonzeit“, sagt Nagel. Die Jugendlichen, könnten hier ungehemmt Deutsch lernen und sich langsam an ihre neue Heimat gewöhnen.

Der Ludwig-Steil-Hof fördert vor allem Haupt- und Sonderschüler, insgesamt sind 38 Nationalitäten an der Schule vertreten. „Das ist bundesweit ein einzigartiges Projekt“, weiß Thomas Kufen, migrationspolitischer Sprecher der nordrhein-westfälischen CDU-Fraktion. Er fordert die Landesregierung auf, sich für den Erhalt der Internate beim Bund einzusetzen. „Das Bundesland, das am meisten Aussiedler aufnimmt, kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen“, so Kufen. Wenn der Bund nicht mehr zahlen wolle, müsse eben das Land finanziell einspringen.

Seit der politischen Wende in Osteuropa 1989 sind nach Nordrhein-Westfalen rund 600.000 Aussiedler aus osteuropäischen Ländern eingewandert, davon waren ein Drittel 18 Jahre und jünger. Die meisten von ihnen kommen aus Russland, Kasachstan und Kirgisien. Die Bundesregierung sei in der gegenwärtigen Diskussion um die Verankerung der Sprachförderung im neuen Zuwanderungsgesetz auf einem falschen Weg, sagt der Migrationsexperte Kufen. Bisher hatten Aussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz Anspruch auf 1.000 bis 1.200 Schulstunden Deutsch. Dagegen wurden andere MigrantInnen mit nur halb so viel Geld gefördert. „Statt die sprachliche Integration für alle auf das Niveau der Aussiedler zu heben, nivelliert man die Ausgaben nach unten“, beklagt der CDUler. Wer derart positive Modelle kaputt spare, nehme den jungen Spätaussiedlern die Zukunftsperspektive, sagt Kufen.

„Die Sozialministerin Andrea Fischer habe sich für den Erhalt der Espelkamper Internate durchaus eingesetzt“, entgegnet Ministeriumssprecher Kai von Schönebeck. Ursprünglich hätten die Internate ein Jahr früher geschlossen werden sollen. Es sei aber „ausgeschlossen“, dass das Land für die fehlenden Bundesmittel einspringe, so von Schönebeck. Im neuen Zuwanderungsgesetz sei vorgesehen, dass die Gelder für Nachhilfeunterricht und Sprachkurse vor Ort ausgegeben werden. 2001 sei die Hälfte der Gelder in die damals noch 15 Vollzeitinternate geflossen. Die hohen Erfolgsquoten in den verbliebenen Espelkamp-Einrichtungen seien vorbildlich, aber „es wird nur ein kleiner Teil der Betroffenen erreicht“.