Justiz verirrt sich im Bergischen Land

Vor sechs Monaten wurde die Remscheider Theaterchefin Helga Müller-Serre beurlaubt. Sie soll Gelder veruntreut haben. Die Staatsanwaltschaft in Wuppertal hat immer noch keine Klage erhoben. Remscheid will Müller- Serre zurück

Remscheid taz ■ Die Mühlen der Justiz verweigern im Bergischen Land die Arbeit. Seit sechs Monaten gibt es keine Entwicklung mehr im Verfahren gegen die Remscheider Theaterleiterin Helga Müller-Serre. Bereits am 29. Oktober letzten Jahres wurden auf Betreiben der Staatsanwaltschaft Wuppertal das Theater und die Privatwohnungen der Theaterfrau und ihrer Stellvertreterin Ingelore Schneider durchsucht. Ihnen wird vorgeworfen, 13 Geräte, darunter zwei Bügeleisen und eine Espressomaschine, mit Theatergeldern angeschafft zu haben, obwohl diese vorwiegend einer privaten Nutzung zugute kamen. Außerdem sollen beim Engagement des „Théâtre Bathyscaphe“ überhöhte Gagen an den Leiter des Ensembles, Müller-Serres Sohn Mikael, und dessen als Dolmetscherin tätige Lebensgefährtin geflossen sein. Der Schaden, so hieß es damals, belaufe sich auf mindestens 50.000 Euro.

“Die Ermittlungen dauern noch an“, sagt Oberstaatsanwalt Jochen Büsem jetzt in Wuppertal. Mehr dürfe er zum laufenden Verfahren nicht sagen. Die gleiche Formulierung benutzte sein Pressesprecherkollege Oberstaatsanwalt Alfons Grevener bereits im Januar. Im Februar hat er sich dann eine mögliche Einmischung durch die Stadt verbeten. „Wir haben es nicht gerne, wenn jemand in unsere Geschäfte hineinzureden versucht“, soll er da gesagt haben. Die Spitze richtete sich gegen den Remscheider Kulturdezernenten Christian Henkelmann (CDU), der nach einem Vierteljahr die Ermittlungen beschleunigen wollte.

„Ich würde Frau Müller-Serre gerne wieder im Amt sehen“, sagt Henkelmann noch heute und fordert weiter ein schnelles Ende des Verfahrens. Er gehe immer noch von der Unschuld der engagierten Theaterfrau aus, die das Remscheider Theater wieder künstlerisch attraktiv gemacht habe: „Es stehen Busse aus Düsseldorf und Köln vor der Tür.“ Glücklicherweise habe Müller- Serre den neuen Spielplan bereits vorgeplant. „Schließlich bin ich jetzt kommissarischer Theaterleiter“, lacht Henkelmann. Schnell wird er wieder ernst. „Die Staatsanwaltschaft will die objektivste Behörde sein, aber sie ist beweispflichtig“, sagt er. Vielleicht täten sich die Beamten aber dort mit der Theatermaterie besonders schwer.

Eine Rücknahme der Beurlaubungen von Helga Müller-Serre und Ingelore Schneider, beide stehen im öffentlichen Dienst, ist vor Ende der Ermittlungen unmöglich, denn OB Fred Schulz (CDU) hatte im letzten Jahr mitgeteilt, dass die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft, aufgrund derer er die Beurlaubung angeordnet habe, über die Berichte des Rechnungsprüfungsamtes hinausgingen. Nicht Kaffeemaschinen oder Bügeleisen seien die Ursache gewesen, sondern es seien im Theater angeblich Reisekostenabrechnungen gefunden worden, nach denen sich einzelne Personen gleichzeitig an mehreren Orten aufgehalten haben müssten, sowie Taxi-Quittungen aus Paris, die an Tagen ausgestellt wurden, an denen gar kein Theatermitarbeiter in Paris war. Das will die Wuppertaler Staatsanwaltschaft allerdings nicht bestätigen. Wie es weitergeht, sagt dort auch niemand. „Rufen sie doch in vier Wochen noch einmal an“ sagt Oberstaatsanwalt Jochen Büsem.

PETER ORTMANN