was macht eigentlich ...Christoph Schlingensief?

Der Kirche Konkurrenz

Sie flimmert und flirrt und frisst sich durch die Bildschirme in unsere Wohnzimmer, direkt hinein in unsere Gehirne. „Bombe auf Flughafen sichergestellt“. „Massenwaffen in Land X“. „Deutschland im Reformstau“. Herzrasen, Atemnot: „Katholische Kirche pleite“. Totaler Schockzustand: ANGST, sie ist überall! ANGST!

Aber halt, mal ganz langsam. Tief durchatmen und Ohren auf für das Stimmchen, das uns zuruft: „Nimm dir einen Pfahl, reise nach Venedig, setze dich darauf, harre aus und handle so, wie es dir die sieben Säuligenheiligen der Moderne vorleben.“ Halt, nein, nicht schon wieder Panik bekommen. Denn das Stimmchen gehört IHM, dem Aktionisten gegen die „interessensgesteuerten Heilsverkünder und Untergangspropheten“: Christoph Schlingensief! Der Film- und Theaterregisseur findet, dass es Zeit sei, „sich offensiv zu ängstigen“. Zum Beginn der Kunstbiennale in Venedig hat der Aktionskünstler daher die kirchenähnliche Gemeinschaft „Church of Fear“ in Berlin gegründet. Für alle, denen das Glauben misslungen sei.

Erste Aktion: Pfahlsitzen, nach dem Vorbild der Styliten, die sich das tugendhafte Verweilen an einem Ort in asketischer Frömmigkeit auf den Pfahl geschrieben haben. Berliner Verdacht auf das neuste Mitglied: Kardinal Sterzinsky soll mit einer Holzstange gesichtet worden sein, gebetsartig murmelnd: „Ja, ich habe Angst, Gott im Himmel, ich habe Angst davor, bald alleine im Bistum zu sein.“ SL FOTO: AP