Wein ist keine Krankheit

Ein Fall für die Grabbelkiste: „Mit Wein leben in Bremen und umzu“

„Mit Hochdruck leben“ hat Hans Weiss seinen Ratgeber für Hypertoniker genannt. Und Ruth Zündorfs „Mit Neurodermitis leben“ hat auch schon vielen Betroffenen geholfen. Ein eingängiger Titel, wird sich Hermann Gutmann gedacht haben und für seine Buchpublikation den Namen „Mit Wein leben“ ausgesucht. Jedenfalls hat er sein jüngst im Hauschild Verlag erschienenes Buch „Mit Wein leben“ genannt. Schlau ist das nicht: Erstens nämlich ist Wein keine Krankheit. Und zweitens: Gutmanns von Jürgen Dewet Schmidt gestalteter Bildband ist auch kein Ratgeber. Es will eine „Zeitaufnahme zum Thema Wein in Nordwestdeutschland“ sein.

„Ja, liebe Leserinnen und Leser“, führt der Autor stilsicher in die Tiefen hanseatischer Kellergeheimnisse ein, „die heutige Zeit kümmert sich nicht mehr um Tradition und es ist nicht unbedingt Sachkenntnis, die überlebt.“ An die korkige Klage schließt sich ein Abriss der Firmengeschichte sechs großer örtlicher Weinhändler an. Abgerundet wird’s durch ein Kapitel über den Ratskeller und sehenswerte Archiv-Aufnahmen.

Das war’s denn auch schon mit der Historie und es beginnt der zweite, der aktuelle Teil. In dem der Band gänzlich kippt. Es sei denn, man schaut gerne älteren Herren beim Picheln zu: Bevor eine Bildstrecke vom Bremer Weinfest dem Werk seinen faden Abgang verschafft, reichert der Fotograf die Kurzporträts von Weinvereinen durch frontal geknipste fidele Trinker-Gruppen an. Und Gutmann gibt vergnügliche Anekdoten und abgestandene Kalauer zum Besten: Dass eine Horizontalprobe „nicht bedeutet, dass die Weine im Liegen probiert werden“. Prädikat: ungenießbar. Axel Lerner/bes

Hermann Gutmann & Jürgen Dewet Schmidt: Mit Wein leben in Bremen und umzu, Hauschild, 132 S.