Rosen aus Spanien

Am 23. April begeht auch Bremen den Welttag des Buches

Ein Sonnentag am Osterdeich: knutschende Liebespärchen, Kiffer, Bier trinkende Jugendliche. Auf Bänken sitzen Menschen, die offenbar nichts anderes zu tun haben als zu lesen. Haben die etwa keine Freunde? Lesen ist eine einsame Angelegenheit. Dennoch findet an diesem Wochenende in Bremen die große Bücher-Sause statt.

Die kommt direkt aus Spanien nach Deutschland. Denn dort wird der „Día del Libro“ schon seit 1926 gefeiert – am 23. April, dem Todestag von Miguel de Cervantes, dem Autor des Don Quijote. Seither – und warum das weiß keiner mehr so recht – schenken sich dort Verliebte gegenseitig eine rote Rose und ein Buch. Außerdem geben Buchhändler zehn Prozent Rabatt.

Schönes Brauchtum, von dem leider nichts mit transferiert wurde, als vor knapp zehn Jahren die Unesco den 23. April zum Welttag des Buches erklärte: Der Ladenpreis in Deutschland bleibt fix, die Buch-Verschenk-Rate weist keine erheblichen Schwankungen auf. Und Rosen gibt‘s auch keine.

Aber wenigstens das Instituto Cervantes sorgt dafür, dass das spanische Kolorit nicht gänzlich verloren geht. Denn, so die amtierende Instituto-Direktorin Mercedes de Castro „wir haben auch anderes zu bieten als Flamenco und Stierkampf“. Gut zu wissen. Zwecks Würdigung des Welttages hat man sich mit erfahrenen Kulturvermittlern verbündet. Gemeinsam mit Buchhändlern, Institut Français, Stadtbibliothek und Günter Grass Stiftung Bremen werden die tapferen Spanier die gesamte Stadt besetzen. Alle gemeinsam stellen das umfangreiche Programm unter das Motto „Lesen – ein Abenteuer“.

Ganz abenteuerlich: Im Instituto selbst findet am 23. April von 10 bis 14 Uhr eine große Bücher-Tauschbörse statt. Aufregend auch: in der Zentralbibliothek wagt sich die Ortsgruppe des Verbandes der Schriftsteller seit langem wieder aus der Versenkung – mit einer Lesung von Bremer AutorInnen. Und wenn am traditionell „Don Quijote“ abwechselnd gelesen und weltweit live übertragen wird, partizipieren diesmal auch die Bremer an dem großen Welt-Ereignis: Werders Vorsitzender Jürgen Born und die Referentin des Bildungsressorts Ursula Niebling tragen aus dem Erzklassiker der iberischen Literatur vor – auf Spanisch. Zuhören darf man ihnen dabei ab 15.00 Uhr im Rathaus oder online unter www.bellasartes.es. Empfehlenswert allerdings auch die All-Star-Vorlese-Nacht mit Harry Rowohlt, Gerhard Henschel und Ernst Kahl, die im Landgericht aus Henschels „Kindheitsroman“ vortragen. „Ein Wunderwerk“ urteilte der taz-Kritiker, „zutiefst anrührend und ebenso komisch“.

Im Grunde ist die Event-Werdung des Lesens eine feine Sache. Fraglich bleibt nur, ob sich dadurch Nasen zwischen Buchdeckel verirren, die dort eigentlich fremd sind.

Doch das lässt sich zumindest in Bremen überprüfen. Wenn die Sonne scheint am Osterdeich, und die Zahl der einsamen Bankdrücker in die Höhe geschnellt ist, wird man sagen können: Ja, der Welttag des Buches, der ist’s gewesen. Axel Lerner /bes

Programm-Informationen: www.stadtbibliothek-bremen.de