Ein Politiker zum Ansprechen

Riccardo Illy, Kaffeefabrikant und Kandidat der Linken, siegt bei den Regionalwahlen im norditalienischen Friaul

Riccardo Illy muss sich nicht vorstellen. Sein Nachname reicht, um Aha-Effekte auszulösen. Illy – das ist der Kaffee aus Triest, und Riccardo ist einer derer, die an der Spitze des Familienunternehmens die Dynastie fortsetzen. Schon 1977 trat der damals 22-Jährige, der 1955 in Triest geboren wurde, in die Firma ein. Anderen hätte das gereicht, Riccardo Illy nicht. Vor zehn Jahren fand er als Seiteneinsteiger den Weg in die Politik – und konnte sich dort höchst erfolgreich als Mann für unmögliche Missionen etablieren.

Sein vorerst letzter Streich gelang ihm am vergangenen Wochenende: Da jagte er dem Berlusconi-Block bei den Regionalwahlen mit satten 53 Prozent die traditionell rechte Region Friaul-Julisch Venetien ab. Seine Gegenkandidatin von der Lega Nord, Alessandra Guerra, musste sich mit 43 Prozent zufrieden geben.

Verwundert hat das Resultat keinen, der Illy kennt. An ihm prallten die üblichen dummen Berlusconi-Vorwürfe vom „Kommunisten“ ab, obwohl er nichts gegen die Beteiligung von Rifondazione Comunista an seinem Wahlbündnis einzuwenden hatte. Aber dass ausgerechnet Illy die Kleinindustriellen des Friaul enteignen wollte – das war den Wählern nun wirklich nicht zu vermitteln.

Berlusconis Leute hätten das schon lange wissen können. Schließlich hatte Illy schon 1993 das als rechte Hochburg bekannte Triest erobert, dort knapp acht Jahre lang als Bürgermeister regiert und dabei quer durch die Lager positive Erinnerungen hinterlassen. Denn einerseits hatte er der Stadt ein Modernisierungsprogramm verordnet: Hafenentwicklung, Tourismus, Kooperation mit Slowenien und Kroatien sollten die Stadt aus dem Eckchen an der Ostgrenze Italiens holen.

Und er hatte die Aussöhnung der italienischsprachigen Mehrheit – zu der viele Flüchtlinge aus Dalmatien und Istrien gehören – mit der slowenischsprachigen Minderheit in Triest vorangetrieben: Schon bei seiner Antrittsrede wagte er das in Triest Unerhörte, auch in Slowenisch zu sprechen.

Vor allem aber war er der sprichwörtliche Bürgermeister nicht zum Anfassen – Illy ist ebenso freundlich wie distanziert –, aber zum Ansprechen. Tag für Tag sahen ihn die Bürger durch die Stadt radeln. Journalisten traf er in einem historischen Kaffeehaus. Wer auch immer ihm eine Sorge vortragen wollte, konnte das dort tun oder auch anstatt über Politik über die jahrhundertelange Kaffeetradition der Hafenstadt fachsimpeln.

Nicht zuletzt aber bietet Illy einfach keine Angriffsflächen. Dem politisierenden Unternehmer ist – anders als seinem prominenten Kollegen Berlusconi – nie auch nur der leiseste Vorwurf entgegengeschlagen, er nutze öffentliche Ämter, um seinen Privatinteressen nachzuhelfen. Die Triestiner dankten es ihm mit der Wiederwahl 1997. Vier Jahre später wählten sie den Parteilosen als Kandidaten des Mitte-links-Bündnisses mit stolzen 51 Prozent ins Parlament.

Als er nun im Kampf um die Region Friaul-Julisch Venetien antrat, war er sofort der Favorit, obwohl das boomende Friaul eigentlich Berlusconiland pur ist. Illys Erfolge werden mittlerweile auch in Rom sehr aufmerksam registriert. Wenn Romano Prodi 2006 nicht antritt, wüsste die Opposition, wen sie auch national gegen Berlusconi ins Rennen schicken kann. MICHAEL BRAUN