Struck verteidigt Kabul-Einsatz

Verteidigungsminister lehnt nach Anschlägen auf Bundeswehr in Afghanistan Oppositionsforderungen nach „martialischem Auftreten“ ab, um die Bevölkerung nicht zu erschrecken. Ausweitung des deutschen Einsatzes wird wie geplant geprüft

aus Berlin SVEN HANSEN

Nach dem Anschlag auf deutsche Soldaten der internationalen Friedenstruppe in Kabul hat Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) gestern Kritik aus den Reihen der Opposition an den Sicherheitsmaßnahmen und der Ausrüstung der Soldaten zurückgewiesen. Vorschläge, die Soldaten mit Kampfpanzern zu schützen, bezeichnete er als nicht in Übereinstimmung mit der Rolle als Friedenstruppe.

„Gegen terroristische Angriffe, vor allem gegen Selbstmordangriffe, kann es keinen hundertprozentigen Schutz geben“, sagte Struck auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Soldaten seien für ihren Einsatz gut ausgerüstet. Es habe keine konkreten Warnhinweise auf den Angriff gegeben, den Struck als „feigen und hinterhältigen Selbstmordanschlag“ bezeichnete. Bei der Explosion einer in einem Taxi versteckten Bombe waren am Samstag vier Bundeswehrsoldaten, der Attentäter und ein afghanischer Passant getötet sowie 29 deutsche Soldaten und weitere Passanten zum Teil schwer verletzt worden. Die Bombe explodierte, als die Soldaten in einem Bus vorbeifuhren.

Ein „martialischer Auftritt“, wie Peter Struck den aus den Reihen der Opposition vorgeschlagenen Einsatz von Leopard-II-Kampfpanzern bezeichnete, ist seiner Meinung nach nicht geeignet, um das Vertrauen der afghanischen Bevölkerung zu gewinnen. Die Bundeswehr solle nicht wie eine Besatzungsmacht wahrgenommen werden.

Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan wies bei der Pressekonferenz darauf hin, dass es für alle Soldaten der aus 29 Nationen bestehenden Friedenstruppe Isaf einheitliche Sicherheitsvorschriften gebe und diese von den deutschen Soldaten eingehalten worden seien. Es sei Zufall gewesen, dass der deutsche Bus nur mit Bundeswehrsoldaten besetzt war. Soldaten anderer Nationen würden sich oft deutsche Busse ausleihen. Schneiderhan sagte, die Sicherheitsmaßnahmen würden überpüft und angepasst. Worin dies bestehe, wollte er aus Sicherheitsgründen nicht sagen.

Auf Nachfrage der taz erklärte Schneiderhan, der Transport der Soldaten mit Panzerfahrzeugen vom Typ Dingo oder mit Transportpanzern komme aus logistischen Gründen nicht in Frage, da diese nur jeweils fünf bis sechs Soldaten transportieren könnten. Demgegenüber forderte der verteidigungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Christian Schmidt, dass über den Einsatz von Fuchs-Transportpanzern nachgedacht werden müsse. „Denkverbote möchte ich mir nicht auferlegen lassen“, sagte Schmidt laut dpa. In der Zeitung Die Welt hatte er zuvor auch den Einsatz von Leopard-Kampfpanzern gefordert.

Verteidigungsminister Struck kündige an, dass ein Erkundungsteam noch gestern wie geplant nach Afghanistan aufbrechen werde, um in einer bis zu 14-tägigen Reise den Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Rahmen eines regionalen bewaffneten Wiederaufbauteams zu prüfen. Ein möglicher Einsatzort sei Herat im Nordwesten oder Charikar in der Nähe von Kabul. Die Spitzen der im Bundestag vertretenen Fraktionen hätten der Erkundungsmission am vergangenen Freitag zugestimmt. Die Obleute der Fraktionen im Verteidigungsausschuss hätten gestern erneut keine Bedenken geäußert. In der Welt war der CDU-Verteidigungspolitiker Schmidt gestern hingegen mit der Forderung nach einem Stopp der Erkundung zitiert worden.

Gestern wurde in Kabul bei einer Isaf-Trauerfeier der vier getöteten Bundeswehrsoldaten gedacht. Anschließend wurden sie nach Deutschland geflogen, wo auf dem Flughafen Köln-Wahn noch gestern eine weitere Trauerfeier mit den Angehörigen stattfinden sollte.