Große Koalition für liberale Juden

CDU unterstützt Forderung an den Zentralrat, staatliche Fördermittel ausgewogen zu verteilen. Grüne hoffen auf „salomonische Lösung“ bei Gipfel heute im Kanzleramt

BERLIN taz ■ Vor dem Spitzengespräch zwischen Gerhard Schröder und dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, heute Mittag im Kanzleramt sind sich Regierung und Opposition ausnahmsweise einig. Politiker von SPD, CDU und Grünen appellierten an den Zentralrat, einen Teil der staatlichen Förderung von 3 Millionen Euro jährlich an die unabhängigen, liberalen Gemeinden abzugeben.

„Wir wollen niemanden bevorzugen oder ausschließen“, sagte der Grünen-Politiker Volker Beck der taz. Er wünsche sich von dem heutigen Gespräch eine „salomonische Lösung, die auch die Union Progressiver Juden in die Förderung mit einbezieht“.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach unterstützte die Haltung der Regierung. „Das Thema eignet sich nicht für Parteienstreit“, sagte der CDU-Politiker. Bosbach erinnerte daran, dass die Union vor einem Jahr dem Staatsvertrag mit dem Zentralrat zugestimmt habe. „Wir alle hatten damals die Hoffnung, dass auch die liberalen Gruppierungen davon profitieren“, sagte Bosbach der taz. „Wenn es heute zu keiner Lösung kommt, werden wir uns mit dieser Frage im Innenausschuss beschäftigen.“

Der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, zeigte sich optimistisch: „Ich erwarte, dass man sich verständigt.“ Er ließ offen, ob die liberalen Juden notfalls eine separate staatliche Hilfe bekommen könnten.

Die Union progressiver Juden droht mit Klage, falls ihre 3.000 Mitglieder nicht berücksichtigt werden. Laut Netzeitung schrieb der Generalsekretär der „Weltunion Progressiver Juden“, Uri Regev, an Schröder, die Einheit des deutschen Judentums könne nur erhalten werden, wenn die Regierung dem Zentralrat zu verstehen gebe, dass sie eine Unterstützung aller jüdischen Gruppen wünsche. LUKAS WALLRAFF