gottschalk sagt
: Grüßen Sie die Finalisten

CHRISTIAN GOTTSCHALK:Die Kolumne am Donnerstag

Neulich gab es eine dieser Meldungen, die sich lesen wie ein schlechter Witz. In England will der Privatsender ITV unter dem Titel „Vote for me“ eine Art Talent-Show für Politiker machen, bei der die Zuschauer den „idealen Abgeordneten“ küren. Ein Vorbild auch für Köln?

Musik, Vorspann, Guido Cantz: „Hallo willkommen bei ‚Wählt misch‘, heute sind unsere verbliebenen Kandidaten besonders aufgeregt, denn heute heißt es ‚Mottoshow Siebzigerjahre‘. Der Jörg hat es ja beim letzten Mal nicht geschafft, obwohl er im Bürgergespräch ‚Cross-Border-Leasing‘ wirklich ganz gut erklärt hat, ich glaube er hat sich einfach zu sehr aufgeregt. Beim ‚Ohr-ans-Herz-des-Bürgers-halten-und-Verständnis-simulieren‘ lag aber sowieso unser Fritz ganz weit vorne. Begrüßen sie nun unsere Finalisten Fritz, Jochen und die Barbara!“

Guido: „Ja, Fritz, siebziger Jahre, eine tolle Zeit.“ – Fritz: „Ja, das war toll damals. Ich habe in einer Rockband gespielt. Das war eine ganz wilde Zeit. Der Jochen war da ja noch Quark im Schaufenster, haha“. – Jochen: „Haha.“ – Guido: „Und die Barbara war bestimmt so‘ne richtige, pardon, ‚Ökoschlampe‘.“ – Barbara: „Nee, nicht ganz, mehr so ‚Sponti‘.“ – Guido: „Uuh, das klingt aber auch sehr ungepflegt.“ – Jochen: „Haha“. – Guido: „Für die Siebziger-Jahre-Mottoshow hat sich unsere Redaktion ein typisches, ganz kniffeliges Siebziger-Jahre-Problem ausgedacht. Ausgangssituation: Ihre Partei hat beschlossen, ein Altbauviertel abzureißen, um dort ein Atomkraftwerk zu bauen. Draußen wartet jetzt eine aufgebrachte Menge auf Sie, die Sie gemeinsam beruhigen müssen. Nach der Werbung!“

Trailer: „Keine einfache Aufgabe für Fritz, Jochen und Barbara. Doch auch nächste Woche geht es spannend weiter. Dann sperren wir die Kandidaten einzeln mit einem Bauunternehmer in ein Luxusrestaurant. Der erklärt ihnen bei reichlich Rotwein, wie die Kommune viel Geld sparen kann und trotzdem alle dran verdienen. Aber die Sache hat einen Haken: Gesetze. Anschließend: Fritz in seinem Element – die völlig verrückte Ratssitzung. Außerdem: Versteckte Kamera. Jochen bringt einer Hundertjährigen einen Blumenstrauß, die alte Dame aber will eindeutig mehr als nur einen Kuss auf die Wange.“ Die Idee beginnt, mir zu gefallen.