Strahlender Held aller 18-Jährigen

Christian Pohlmann hat gestern in Köln vor Gericht seine Einberufung verhindert. Nun will der Student aus Kerpen in der FDP weiter gegen die Wehrpflicht kämpfen

KÖLN taz ■ Auf der Zugfahrt von Gerolstein nach Köln habe er richtig viele Tränen in den Augen gehabt, erzählte Christian Pohlmann. Das war am 9. Januar. Und Pohlmann weinte vor Glück. Denn junge Mann war damals ganz legal auf der Flucht vom Wehrdienst nach Hause. Vor Gericht hatte der 21-Jährige kurz zuvor eine einstweilige Verfügung gegen seine Einberufung erstritten. Gestern konnte Pohlmann dann von ganzem Herzen lachen: Das Kölner Verwaltungsgericht hat ihm per Urteil offiziell beschieden, dass er nicht zum „Bund“ muss.

Damit hat sich der Kerpener Totalverweigerer bundesweit bekannt gemacht. Denn seine Klage hat die Wehrpflicht insgesamt in Frage gestellt. „Ich bin überglücklich“, sagte er vor dem Gerichtssaal: „Aber zum Feiern bleibt nicht viel Zeit, denn ich muss ja weiter studieren.“

Denn eigentlich war das Ganze ja eher eine Art Betriebsunfall. Pohlmann hatte bereits zwei Semester an der Uni verbracht und war zur Zwischenprüfung zugelassen worden. Da kam im Herbst der Einberufungsbescheid der Bundeswehr. Als Funker sollte er beim Heer ausgebildet werden. Pohlmann aber wollte lieber Islamwissenschaftler werden. Und weil er im Nebenfach auch Öffentliches Recht studiert, hat er gleich eine Klage gegen seine Einberufung eingereicht.

Sein Argument, dass ihm „Zeit- und Wissensverlust durch den Wehrdienst“ drohe, wollte der Richter freilich kaum hören. Ihm war es offenbar wichtiger, ein längst fälliges, politisches Zeichen zu setzen: Gegen die willkürliche Einberufungspraxis bei der Wehrpflicht. Klar, dass Pohlmann als Vize-Chef der Julis im Erftkreis den Ball gerne aufnahm. „Der Russe steht ja nicht mehr vor der Tür, deswegen brauchen wir auch keine Wehrpflichtigen zur Landesverteidigung mehr“, wettert er jetzt und will sich zusammen mit seinen FDP-Kollegen für eine gänzliche Abschaffung dieses Zwangsdienstes einsetzen.

Erste Unterstützung hat der findige Wehrpflichtgegner dafür bereits bekommen – Prominente FDP-Politiker wie NRW-Landeschef Andreas Pinkwart und der Kölner Bundestagsabgeordnete Werner Hoyer bestätigten anlässlich der Klage von Pohlmann ihre Kritik an der Wehrpflicht. In den nächsten Tagen will der Juli-Kämpfer mit seinen Altvorderen auf die Straße gehen, um „möglichst viele junge Leute darüber zu informieren, wie sie erfolgreich gegen ihre Einberufung klagen können“. Das Motto dieser landesweiten Aktion mit Schwerpunkt im Rheinland lautet „Wehrpflicht – ohne mich!“

Frank Überall